Tierische Mitarbeiterin

Erste tierische Mitarbeiterin der Stadt: Nala bricht selbst bei den coolsten Jungs das Eis

Bei Nala haben selbst die coolsten Jungs keine Chance: Wenn die Sibirian Husky-Hündin mit ihrem weiß-grauen weichen Pelz sich ihnen nähert, sie mit ihrer weichen Nase sanft anstupst, dann schmelzen auch zwei Meter große Schulverweigerer dahin. Nala ist die erste tierische Mitarbeiterin der Stadt Kehl und offiziell zertifizierte Therapiebegleithündin. Nala bricht das Eis und öffnet damit die Tür für ihre Partnerin Melanie Krauß. „Der Kontakt läuft zwei-, dreimal über Nala“, sagt die Sozialarbeiterin, die seit einigen Monaten zudem Fachkraft für tiergestützte Therapie ist, „dann sprechen sie mit mir über ihre Themen“.

Therapiehündin Nala ist die erste tierische Mitarbeiterin der Stadt Kehl.

Wenn Nala Melanie Krauß in einen Raum begleitet, dann wird es friedlich. Selbst Kinder und Jugendliche, die sonst sehr aktiv sind, werden ruhig. Und doch ist tiergestützte Therapie viel mehr als „ich bring mal meinen Hund mit und jeder darf ihn anfassen“, sagt die Sozialarbeiterin. Sowohl Nala als auch ihre Besitzerin haben für ihre Zertifikate richtig gearbeitet. Über mehrere Wochenenden hinweg wurden sie bei Ani.Motion, dem Institut für tiergestützte Therapie in Sasbachwalden ausgebildet. „Das war auf Studiumsniveau“, sagt Melanie Krauß, „die Ausbildung war extrem wichtig“.

Während sie unter anderem gelernt hat, Nala, die im Alter von zehn Wochen zu ihr kam, noch besser zu lesen und erste Anzeichen von Stress sofort zu erkennen, erleichterte dem Husky seine bestandene Begleithundeprüfung die Ausbildung. Nala lernte Rollstuhlfahrer und Menschen mit Rollatoren kennen und keine Angst vor ihnen zu haben. Zwar musste sie schon bei der Begleithundeprüfung zeigen, dass sie sich nicht so leicht erschrecken und aus der Ruhe bringen lässt, doch eine Therapiehündin muss auch mit Gleichmut hinnehmen, wenn eine größere Anzahl an Menschen plötzlich gemeinsam anfängt, laut zu klatschen oder wenn ein Gegenstand unvermittelt auf den Fliesenboden scheppert.

Sozialarbeiterin Melanie Krauß und Nala sind ein eingespieltes Team.

Wenn Therapeutin Nala den Raum mit einer Kindergruppe betritt, hat Melanie Krauß bereits Vorarbeit geleistet. Sie erklärt den Jungen und Mädchen, dass es Nala ist, die den Kontakt aufnimmt. Damit sich alle im wahrsten Wortsinn auf Augenhöhe begegnen, sitzt die Sozialarbeiterin am liebsten mit den Kindern auf dem Boden. „Nala spiegelt total die Gefühle der Kinder und den Umgang mit ihr“, sagt Melanie Krauß. Für die Mädchen und Jungen sei es eine gute Übung zu sehen, wie der Hund auf sie reagiere. Wenn jemand zu hektisch agiere oder sie überschwänglich anfasse, wende Nala sich ab oder gehe weg. Die Hündin spüre auch, wenn ein Kind keinen Kontakt wolle und lasse es dann in Ruhe. Die meisten Menschen seien jedoch biophil, was bedeutet, dass sie das Bedürfnis haben, Tiere anzufassen.

Die allermeisten Kinder und Jugendlichen sind nicht nur gerne mit Nala zusammen, sondern möchten mit ihr aktiv sein. Während Kinder Spazierengehen ohne Hund oft langweilig finden, ist ein Spaziergang mit Nala „voll cool“, selbst für „obercoole Jugendliche in der Pubertät“. Melanie Krauß freut sich, wenn Stadtkinder bei solchen Gelegenheiten, die Natur entdecken, sich für Pflanzen interessieren oder für Steine. Auch Jugendliche mit Migrationshintergrund, die aus ihrer Heimat oft nur aggressive Straßenhunde kennen, überwinden mit Nala nach ein paar Begegnungen ihre Angst, lassen Kontakt zu und öffnen sich schließlich auch der Hundebesitzerin: „Nala ist ein absoluter Gewinn für die Jugendarbeit.“ Außerdem lernen Kinder und Jugendliche im Umgang mit dem Hund, ohne es zu merken, hat Melanie Krauß festgestellt. Nala leistet damit neben Beziehungs- auch Bildungsarbeit. Das gilt nicht nur in Bezug auf Naturerfahrung, sondern auch in den wichtigen Bereichen Empathie, Rücksichtnahme, Selbstwirksamkeit und Selbstbewusstsein.

Sowohl Melanie Krauß als auch Husky-Hündin Nala haben eine spezielle Ausbildung absolviert.

Nala hat Melanie Krauß, die früher das Badhiesel in Goldscheuer geleitet hat, schon als ganz junge Hündin zur Arbeit begleitet, ist also den Umgang mit Kindern von klein auf gewohnt. Als sie mit eineinhalb Jahren die Begleithundeprüfung abgelegt hat, zeigte sich, dass sie – was für einen Husky außergewöhnlich ist – auch als Therapeutin geeignet sein könnte. Vor der Arbeit geht Melanie Krauß mit der Hündin eine Stunde alleine laufen, damit sie ihren Bewegungsdrang ausleben kann. Bei der Arbeit braucht sie, wie die zweibeinigen Mitarbeitenden auch – Pausen. Im Haus der Jugend zieht sich Nala dafür in einen Raum zurück, wo sie unbeobachtet ausruhen und schlafen kann, bevor die nächste Begegnung mit einer Gruppe von Kindern oder Jugendlichen ansteht.

Hobbys hat die erste tierische Mitarbeiterin der Stadt übrigens auch: Nala wandert und verreist gerne, spielt mit Hundefreunden, sie frisst gerne Hundeleckerlis, sie ist immer bereit, Neues zu entdecken und „sie steht gerne im Mittelpunkt“, sagt Melanie Krauß und lacht: „Kinderfreizeiten sind für sie das Größte.“