Noch vor wenigen Jahren wäre es angesichts der Erfolgsgeschichte der freiheitlichen Demokratie in Deutschland unvorstellbar erschienen, dass eine nicht geringe Zahl von Menschen hierzulande anfangen würde, dieser Staatsform ablehnend gegenüber zu stehen, ja sich für einen system change einzusetzen. Jetzt gibt es starke Kräfte, die die Orientierung nach 1945 am „Westen“ mit seiner jahrhundertealten demokratischen Tradition rückgängig machen und umkehren wollen. In den USA gibt ein Volk mit einer langen demokratischen Tradition einem Präsidenten die Macht, der die Grundprinzipien einer freiheitlichen Demokratie kaltschnäuzig verachtet. Es wird durchaus versucht, die hier wie in den USA angestrebte Veränderung intellektuell zu reflektieren und theoretisch-konzeptuell, also ideologisch zu untermauern. Darum ist es außerordentlich wichtig, sich inhaltlich mit der Struktur einer freiheitlichen Staatsverfassung auseinanderzusetzen. Da ist es ein Glücksfall, dass der bekannte frühere Verfassungsrichter Prof. Paul Kirchhof auf Einladung der Evangelischen Kirchengemeinde in Kehl einen Vortrag zum Thema „Die Aufgabe der Kirchen in einem freiheitlichen Verfassungsstatt“ halten wird. Dabei geht es um eine intellektuelle Vergewisserung der Elemente einer freiheitlichen Demokratie, eine Auseinandersetzung mit ihren Infragestellungen und die Rolle, die den Kirchen hier zukommt.