Wie die Kehler Kriegsgräberstätte entstanden ist

Kurzbeschreibung der Anlage

Ende der 1950er-Jahre ließ der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. am Kinzigdamm in Kehl eine Kriegsgräberstätte für 2144 getötete Soldaten errichten, die bis heute unverändert erhalten ist.

Die Anlage erstreckt sich auf einer Fläche von etwa 100 mal 140 Metern, wovon die Hälfte als Gräberfeld fungiert. Sie ist an drei Seiten von einem breiten Wassergraben umgeben, die vierte Seite bildet der Kinzigdamm, auf dem sich eine burgartige Architektur mit einem dominierenden Rundturm erhebt. Der offizielle, bis heute genutzte Zugang erschließt sich über eine Brücke, die bewusst so schmal gehalten ist, dass sie nur einzeln passiert werden kann.

Architekt Robert Tischler hat die Kriegsgräberstätte als burgartige Anlage geplant, die bis heute unverändert erhalten geblieben ist.

Besucherinnen und Besuchern vermittelt sich spätestens beim Überqueren der Brücke der Eindruck, einen erhabenen, fast unwirklichen Raum zu betreten. Dieser ehrfurchtsgebietende Eindruck wird durch die seit Jahrzehnten unverändert beibehaltene Bepflanzung gesteigert, die schon von weitem die Sichtachse auf das burgartige Zentrum lenkt.

Hier liegen neben den Soldaten der Wehrmacht auch zahlreiche Angehörige von SS-Regimentern begraben, daneben deutsche Kriegsgefangene, die nach 1945 in elsässischen Lagern verstarben, aber auch zivile Bombenopfer aus Kehl und Umgebung sowie Zwangsarbeiterinnen, Kriegsgefangene und so genannte Ostarbeiter, außerdem vereinzelt im Ersten Weltkrieg verstorbene Soldaten.

Die Entstehungsgeschichte der Kriegsgräberstätte

Die Entstehung der Kehler Kriegsgräberstätte ist Teil der komplexen Nachkriegsgeschichte der Stadt am Rhein. In den Wintermonaten 1945/1946 hatte der amerikanische Gräberdienst im Zuge der Zusammenbettung eigener Gefallener auch etwa 890 deutsche Soldaten ausgegraben, die zuvor in Feldgräbern und auf kleinen Friedhöfen im Elsass und in den Vogesen beerdigt worden waren. Von hier wurden die Toten auf neu angelegte Gräberflächen bei Kehl und Kork überführt. Kehl war zu dieser Zeit allerdings französisch und wurde erst durch das Abkommen von Washington von 1949 bis zum Jahr 1953 in 42 Teilabschnitten wieder freigeben. Die ohne deutsche Beteiligung erfolgten Umbettungen nach Kehl erschwerten Auskünfte über gesuchte Tote und deren Gräber. Sie machten eine erneute Exhumierung und Identifikation der Toten unumgänglich. Zugleich waren bereits während des Krieges hunderte an Verwundung oder Krankheit verstorbene Soldaten auf dem zivilen Friedhof der Stadt bestattet worden. Da die Kriegstoten – im Gegensatz zu den zivilen Toten – ein ewiges Ruherecht besitzen, drohten sie den zivilen Friedhof zu überlasten.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge initiierte daher den Bau einer zentralen Kriegsgräberstätte in Kehl. Diese sollte neben den bereits in Kehl beerdigten Kriegstoten auch den in der oberrheinischen Tiefebene verstreut begrabenen deutschen Soldaten eine letzte Ruhestätte geben. Als Ort schlug der Chef-Architekt des Volksbundes, Robert Tischler, einen dem Kinzigdamm benachbarten Platz vor. Tischler verwirklichte auf dieser Fläche sein vielleicht letztes Werk, das Ähnlichkeiten mit seinem Konzept der „Totenburgen“ aufweist – einen festungsartig ausgebauten Friedhof, der geschlossen, wehrhaft und monumental wirken sollte.

Die Einweihung der Kriegsgräberstätte 1958

Der Wassergraben, der die zentrale Gräberfläche umgibt, passt zu dieser Gestaltung. Er diente aber auch dazu, mit der gewonnenen Erdmasse den Platz um 2,50 Meter zu erhöhen und die Toten bei hohem Wasserstand vor Grundwasser zu schützen. Die Verengung des Zugangs, der auf der Kehler Kriegsgräberstätte über eine massive Steinbrücke erfolgt, ist ein typisches Gestaltungsprinzip von Tischler. Das Gespräch soll unterbrochen und nur einzeln Zutritt zu den Gräbern gewährt werden. Für einen burgartigen Eindruck sorgt schließlich auch die erhöhte Rückfront des Gräberfeldes mit dem monumental erscheinenden offenen Rundbau. In seinem Zentrum befindet sich ein Gedenkstein aus Diabas. Tischlers Gestaltung bezog von Beginn an auch die Silhouettenwirkung ein, die durch den angrenzenden Kinzigdamm erzeugt werden sollte, und verstärkte die Abgrenzung nach außen mit symmetrisch angepflanzten Pyramidenpappeln an den Seiten des Friedhofs.

Ursprünglich sollten die unbekannten Toten der Kehler Kriegsgräberstätte in Massengräbern unter Wacholder beerdigt werden, die sich zu beiden Seiten des dominierenden Rundbaus befinden. Doch wer die zentrale Gräberfläche betritt, findet auch die Gräber der anonym Bestatteten – mit der Inschrift „Ein deutscher Soldat“ – auf den Namenstäfelchen im Gras. Ursprünglich war der Friedhof sogar für deutlich mehr Gefallene angelegt, weswegen die Gräberfläche nicht voll belegt ist.

Nach den ersten Spatenstichen im Jahr 1951 wurde die Kehler Kriegsgräberstätte schließlich nach langer Planungs- und Bauzeit am 5. Oktober 1958 eingeweiht. Knapp 2200 Kriegstote haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. Anders als es die Inschrift am Sockel hinter der Steinbrücke nahelegt, ruhen hier aber nicht nur „deutsche Soldaten“. Auch zivile Tote und ausländische NS-Opfer, die durch spätere Umbettungen hierher gelangten, liegen an diesem Ort begraben.