Zivilcourage lernen
Wenn Zivilcourage auf dem Stundenplan steht: Kommunale Kriminalprävention unterstützt Workshops an Kehler Schulen
Was ist eigentlich Zivilcourage? Woran erkennt man eine Notsituation? Und wie können sich junge Menschen für Mitmenschen in Not einsetzen, ohne sich selbst in Gefahr zu begeben? In einer Workshop-Reihe an Kehls weiterführenden Schulen wurden den Neuntklässlerinnen und Neuntklässlern diese Fragen beantwortet.
Für die beiden Studierenden Joleen Meißner und Amelie Wengert ist es das erste Mal, dass sie in ihrer Rolle als Zivilcourage-Trainerinnen vor einer Schulklasse stehen und den Workshop in Eigenregie leiten. Zwar hatten die beiden im Rahmen ihres vom Verein Team Zivilcourage angebotenen rund zweiwöchigen Weiterbildungskursus Trainer in eine Schulklasse begleitet, aber an diesem Freitagmorgen sind sie erstmals auf sich gestellt. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9a sind ein dankbares Publikum. In einer Art Stuhlkreis sitzen die 18 Mädchen und Jungen im Klassenzimmer und hören den beiden Trainerinnen dabei zu, wenn sie über Heldenreisen, „heroic acts“ (englisch: Heldentaten) und den Bystander-Effekt sprechen. Doch der Workshop ist kein reiner Frontalunterricht, sondern bewusst „sehr interaktiv“ gestaltet, wie die beiden Trainerinnen ausführen. Immer wieder sind die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, sich Gedanken zu machen über Notsituationen, die sie beobachtet oder selbst erlebt haben, über „heldenhafte Vorbilder“ aus der eigenen Familie oder Popkultur. „Wir möchten ein Bewusstsein für richtiges Handeln schaffen“, berichten Joleen Meißner und Amelie Wengert. Dabei schrecken sie auch nicht vor drastischen Negativbeispielen zurück, wie etwa der Geschichte der New Yorkerin Kitty Genovese. Die 28-Jährige wurde 1964 vor den Augen der Nachbarschaft vor ihrem Wohnhaus misshandelt und ermordet. „Die Angst aufzufallen oder in einen Konflikt hineingezogen zu werden, teilen viele Menschen“, berichten die beiden Trainerinnen. Zu lernen, wie sich diese Angst überwinden lässt, ist Teil des Workshops. „Wir üben das, indem sich die Schülerinnen und Schüler einen Punkt auf die Stirn kleben und damit in die Pause gehen“, sagen die beiden Trainerinnen. Im späteren Verlauf des ganztägigen Workshops kommen Rollenspiele hinzu.
Die Zivilcourage-Schulungen werden von der Carl-Friedrich-Geiger-Stiftung und dem Verein Courage unterstützt. Der kommunalen Kriminalprävention der Stadt (KKP) kommt dabei eine Vermittlerrolle zu. Jannate Hammerstein in ihrer Rolle als KKP-Beauftragte der Stadt brachte die Akteure und die Schulen zusammen und half bei der Workshop-Organisation. „Zivilcourage ist für das gesellschaftliche Miteinander unerlässlich“, betont Jannate Hammerstein. „Mit diesem Pilotprojekt setzen wir den Alltagsmut an den Schulen auf den Stundenplan.“ Die KKP bietet den Schulen immer wieder bedarfsorientierte Projektversuche an, die bei Erfolg auch verstetigt werden. „Mit diesem Projekt sind wir aktuell noch in der Probierphase“, fügt Jannate Hammerstein hinzu.