Über den Architekten

Wer war Robert Tischler?

Robert Tischler, der Architekt der Kehler Kriegsgräberstätte, hat ein besonderes Werk hinterlassen: Dutzende, zum Teil sehr monumentale Soldatenfriedhöfe hat Tischler als Chef der Bauleitung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge geschaffen. Mehrere hundert Soldatenfriedhöfe entstanden unter seiner Aufsicht oder Beratung. Dabei wirkte Tischler von 1926 bis zu seinem Tod im Jahr 1959 über drei politische Systeme hinweg. Seinen zahllosen Bauten steht jedoch eine Biographie gegenüber, über die nur sehr wenig bekannt ist.

Geboren wird Robert Tischler am 16. Oktober 1885 in Frontenhausen östlich von Landshut in Niederbayern. Als Kriegsfreiwilliger kommt er der Stadt Kehl sehr nahe, da sein Regiment im Jahr 1915 in Schiltigheim nördlich von Straßburg stationiert ist. In späteren Jahren arbeitet Tischler als selbständiger Gartenarchitekt in München. Im Jahr 1926 steigt er schließlich zum Chefarchitekten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf. In dieser Funktion wird Tischler das Konzept der „Totenburgen“ entwickeln. Die bastionsartig ausgebauten Soldatenfriedhöfe entstehen als monumentale Anlagen insbesondere im Ausland. Hier liegen sie oft in strategisch günstiger Lage, auf ehemals umkämpften Höhenzügen. Mit diesen Friedhöfen, die wie Festungen wirken, kann sich bei ihrer Entstehung auch ein in die Zukunft gerichteter nationalistischer Anspruch auf den besetzten Raum verbinden.

Die noch unfertige Kriegsgräberstätte mit wohl frisch gepflanzten Bäumen

Zu Tischlers bekanntesten Werken gehören bedeutende Soldatenfriedhöfe wie jene in Langemark und Lommel in Belgien, Quero in Italien, Tobruk in Libyen und El Alamein in Ägypten. Tischlers Werk spannt sich somit nicht nur zeitlich über mehrere Jahrzehnte, sondern auch geographisch über ganz Europa. Tischler tritt dabei ganz hinter seine Werke zurück. Sie weisen ihn als einen nationalkonservativen Architekten aus. Seine für mystische Deutungen offenen Bauten mit ihren „Ehrenmalen“ und altarähnlichen Gedenksteinen greifen zum Teil pseudowissenschaftliche Rekonstruktionen von germanischen Kulthallen oder Steinkreisen auf oder rezipieren mittelalterliche Kastelle aus der Stauferzeit. Dabei bleibt seine Formensprache dennoch oft mehrdeutig und für unterschiedliche Auslegungen adaptierbar.

Robert Tischler, obgleich bereits 1932 Mitglied der NSDAP, wird in der Nachkriegszeit als „Mitläufer“ entnazifiziert. Auch er passt sich, wie seine Architektur, den neuen politischen Verhältnissen an und so gestaltet Tischler nach wie vor als Chefarchitekt des Volksbundes zahlreiche Soldatenfriedhöfe bis zu seinem Tod im Jahr 1959. So spiegelt er die in vielen Bereichen andauernde personelle Kontinuität der NS-Gesellschaft wider. Die in der jungen Bundesrepublik von Tischler entworfenen Kriegsgräberstätten fallen allerdings durch ihre zum Teil rückwärtsgewandte Ikonografie und monumentale Gestaltung zunehmend aus der Zeit. Heroische Denkmalkonzepte und mystifizierende Symbolik sind mit dem verbrecherischen Charakter des Krieges und millionenfachem Leid und gewaltsamem Tod schwer vereinbar. Die 1958 eingeweihte Kehler Kriegsgräberstätte, eines, wenn nicht das letzte Werk Robert Tischlers, kann so stellvertretend für die Widersprüche ihres Schöpfers und der Entstehungszeit der Anlage stehen.