Gemeinsamer Gemeinderat
Gemeinderat Straßburg-Kehl: Umgang mit Tigermücke und Tapinoma magnum, Müllverbrennungsanlage und Nachtleben
Der unterschiedliche Umgang mit invasiven und eingeschleppten Arten, wie der Tigermücke und der Ameise Tapinoma magnum, eine Untersuchung zum Nachtleben und der aktuelle Sachstand in Bezug auf die Straßburger Hausmüllverbrennungsanlage beschäftigten Stadträtinnen und Stadträte von Straßburg und Kehl bei ihrer einmal im Jahr stattfindenden gemeinsamen Sitzung. In einer Zeit, in der in Europa Krieg geführt wird, bekam das Zusammentreffen am Montag (24. März) im Sitzungssaal des Straßburger Verwaltungszentrums über die Sachthemen hinaus eine symbolische Bedeutung: Die beiden Städte verbinde eine starke Partnerschaft, Kehl und Straßburg lebten den europäischen Gedanken und setzten mit ihrer engen Zusammenarbeit ein Zeichen für den Frieden, betonten neben Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian und ihrem Kehler Kollegen Wolfram Britz auch Ratsmitglieder.
Auswirkungen des Nachtlebens
Die einen möchten ruhig schlafen, die anderen wollen feiern: Wie man diese einander oft widersprechenden Bedürfnisse in Einklang bringen kann, damit hat sich eine großangelegte Studie beschäftigt, welche die Stadt Straßburg in Auftrag gegeben hatte. Durch die Corona-Pandemie, aber auch durch den Klimawandel habe sich das Nachtleben verändert, berichtete Beigeordneter Joël Steffen dem Gremium: In heißen Sommerperioden warteten die Menschen auf die kühleren Nachttemperaturen, bevor sie ausgingen, nannte er ein Beispiel. Weil nächtliche Aktivitäten in der Regel mit Licht und Beleuchtung zu tun haben, hätten sie auch Einfluss auf die Biodiversität und hier vor allem das Insektensterben.
Um die Lebensqualität in der Nacht zu verbessern und den Dialog zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zu fördern, hat die Stadt Straßburg einen sogenannten Nachtrat ins Leben gerufen, in dem auch die Stadt Kehl vertreten sein soll. Schließlich sei die grenzüberschreitende Mobilität im Nachtleben ein großes Thema, stellte Joël Steffen dar und meinte vor allem die zahlreichen Straßburger Disko- und Clubbesucherinnen und -besucher.
Parallel dazu wird in Kehl gerade ein Prozess gestartet, um Erkenntnisse über das Nachtleben zu gewinnen. „Sobald das genaue Format und der Termin feststehen, laden wir gerne auch Vertreterinnen und Vertreter aus Straßburg dazu ein“, kündigte Wolfram Britz an. Eine „rheinüberschreitende Bürgerbeteiligung zum Nachtleben“ sei für beide Seiten ein großer Gewinn.
Oberbürgermeister Britz nutzte die Gelegenheit außerdem, um die Musikfestivals im französischen Teil des Gartens der zwei Ufer anzusprechen, die bis zwei Uhr nachts dauern und Unmut in den nahe am Rhein liegenden Kehler Wohnvierteln hervorrufen.
Zahlreiche Rückmeldungen dazu hätten auch die Stadt Straßburg erreicht, sagte Joël Steffen, man sei sich des Umstands bewusst, dass der Rhein den Schall trage und verstärke. Der Beigeordnete wies auf die Pläne hin, in der Straßburger Plaine des Bouchers im Stadtviertel Meinau ein Festivalgelände einzurichten. Straßburg sei, was Festivals und Veranstaltungen angehe, „eine aktive Stadt“, der neue Festplatz werde es erlauben, die Veranstaltungen besser zu verteilen.
Die Tigermücke
Die tagaktive und sehr aggressive Tigermücke hat sich in den vergangenen Jahren sowohl in Kehl als auch in Straßburg rasant ausgebreitet und vermiest zahlreichen Einwohnerinnen und Einwohnern die Freude am Aufenthalt im eigenen Garten oder im Park. Während die Stadt Kehl in den vergangenen beiden Jahren noch mit einem hohen Einsatz an finanziellen Mitteln und einer durch die Kommunale Arbeitsgemeinschaft KABS organisierte Bekämpfungskampagne, auch in privaten Gärten, mit dem Wirkstoff bti versucht hat, die Tigermückenpopulation einzudämmen, setzte man auf dem Gebiet der Eurométropole de Strasbourg von jeher auf ein Vier-Säulen-Modell zur Information und Sensibilisierung der Bevölkerung.
Ziel sei es, sogenannte Tigermückenbrigaden zu bilden, die aus geschulten Einwohnerinnen und Einwohnern bestünden, die ihre Nachbarn dazu anhielten, den Stechmücken keine Brutstätten anzubieten, erläuterte Françoise Schaeztel, Vizepräsidentin der Eurométropole. Diese Säule funktioniere bislang allerdings am schlechtesten, räumte sie ein. Darüber hinaus habe man rund 150 Mitarbeitende der Stadtverwaltung, vor allem im Bereich der Stadtplanung, fortgebildet, damit diese jedes Bauvorhaben daraufhin untersuchten, ob es Brutstätten für die Tigermücken bereithalte. Entsprechend berate man Architekten und Bauherren und gebe Empfehlungen, wie solche Wasseransammlungen vermieden werden könnten.
Allerdings könne man eine Anpassung der Bauvorhaben mangels rechtlicher Vorgaben nicht erzwingen, verdeutlichte sie auf Nachfrage aus dem Gremium, sondern sei auf Kooperation angewiesen. Die dritte Säule bildet die Behandlung von Gullys mit bti, die vierte die Information und Kommunikation sowie die Evaluation der Maßnahmen. Zwischen 45 000 und 200 000 Euro gebe die Eurométropole jährlich für den Kampf gegen die Tigermücke aus.
Wie Straßburg setzt auch Kehl von diesem Jahr an auf Kommunikation und Sensibilisierung der Bevölkerung durch Informationsveranstaltungen und Hauswurfsendungen. Eine Bekämpfung mit bti würde allein für die Bereiche in einem Umkreis von 200 Metern um sensible Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Senioren- und Pflegeheime sowie Krankenhäuser rund eine Viertelmillion Euro kosten. Nachdem die Bekämpfungsaktionen der beiden vergangenen Jahre die Ausbreitung des Insekts nicht stoppen konnten, hat der Gemeinderat entschieden, stärker auf die Eigenverantwortung und Mitwirkung der Bevölkerung zu setzen.
Auf beiden Rheinseiten sind sich die Verantwortlichen im Klaren, dass sich die Tigermücke am Oberrhein etabliert hat und nicht mehr ausgerottet werden kann. Einigkeit herrscht aber auch darüber, dass man die Population unbedingt eindämmen muss, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie das Dengue-Fieber zu verhindern. In Straßburg wurden 2024 zehn Dengue-Fieberfälle registriert; 2023 waren es 15. Die Patienten hatten sich auf Auslandsreisen infiziert, berichtete Françoise Schaetzel. Wird in Frankreich ein Dengue-Fieber-Fall bekannt, übernimmt die staatliche Gesundheitsbehörde und sprüht im Wohnviertel des Patienten nachts ein Insektizid. Dieses tötet jedoch – im Gegensatz zu bti – nicht nur Stechmücken und ihre Larven, sondern auch alle anderen Insekten im behandelten Bereich.
Die Ameise Tapinoma magnum
Wie bei der Tigermücke unterscheidet sich auch bei der eingeschleppten Ameise Tapinoma magnum die Vorgesehensweise auf den beiden Rheinseiten. In Straßburg hat sich vor allem in einer Kleingartenanlage im Stadtteil Cronenbourg eine Superkolonie gebildet. Die Ameise, die in Kehl inzwischen in drei Bereichen festgestellt wurde, dringe jedoch nicht, wie beispielsweise in Marlen, in Wohnhäuser ein und verursache bislang auch keine Schäden an Gehwegen, Straßen oder anderer Infrastruktur, erläuterte Beigeordneter Marc Hoffsess. Allerdings greife sie das Obst und Gemüse der Pächterinnen und Pächter in der Gartenanlage an und sei auch in den Gartenhäusern anzutreffen. Damit man Tapinoma magnum wirklich bekämpfen könne, müsse sie in Frankreich als invasive Art eingestuft werden. Straßburg habe jüngst eine Resolution in den Oberrheinrat eingebracht.
OB Britz stellte dar, wie die Stadt Kehl seit dem vergangenen Sommer in Eigenregie und mit einem 50 000 Euro teuren Heißwassergerät versucht, die Nester der Tapinoma magnum zu vernichten. Zumindest sei es gelungen, die Zahl der Krabbler sichtbar zu reduzieren, konnte er berichten. Während bei der Asiatischen Hornisse der Kampf wohl bereits verloren sei, bestehe bei Tapinoma magnum zumindest noch die Chance auf eine Eindämmung. Das vom grünen Landtagsabgeordneten Bernd Mettenleiter initiierte Forschungsprojekt sei gut, werde aber nicht ausreichen, sagte Wolfram Britz und plädierte für gemeinsame Vorstöße von Kehl und Straßburg bei Behörden und Ministerien.
Von einem Straßburger Ratsmitglied kam die Frage, ob es in Kehl auch ein Rabenproblem gebe. OB Britz bejahte dies, sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Innenstadt bereiteten die Vögel Schwierigkeiten – eine Lösung habe man jedoch genauso wenig wie in Straßburg parat, wo bereits allerlei wissenschaftlich begleitete Versuche unternommen wurden, um Rabenkolonien aus Wohnsiedlungen wegzulocken.
Die Hausmüllverbrennungsanlage
Seit im Dezember 2023 die Grenzwerte für den Schadstoffausstoß von der Europäischen Union verschärft wurden, bemühen sich die Eurométropole de Strasbourg und die Betreiberfirma der Hausmüllverbrennungsanlage auf der Rohrscholleninsel, Sénerval, diese durch die Einspritzung von Aktivkohle einzuhalten. Dennoch kam es, wie Projektleiter Frédéric Thommen den Stadträtinnen und -räten erklärte, immer wieder zu Überschreitungen vor allem bei einer Verbrennungslinie. In der nächsten Woche soll nun eine automatisierte Aktivkohleeinspritzung in Betrieb gehen, die eine genaue Dosierung erlaube. Der Prozess der Anpassung der Verbrennungsanlage an die EU-Grenzwerte wurde und wird von der Aufsichtsbehörde und der Präfektur eng begleitet. Alle 28 Tage fanden und finden Messungen statt. Auch die Luftwerte im weiteren Umfeld der Verbrennungsanlage seien auf Anordnung der Präfektur analysiert worden, ohne dass Auffälligkeiten zutage getreten seien.
Oberbürgermeister Wolfram Britz lobte die fortlaufende und transparente Information zur Situation in der Hausmüllverbrennungsanlage.
Turbinenartiger Lärm
Geklärt ist inzwischen auch, dass der turbinenartige Lärm, der zwischen September und November vergangenen Jahres vor allem in den südlichen Kehler Stadtteilen in den Abendstunden zu hören war, von der Müllverbrennungsanlage ausging. Ursache war nach Aussagen von Frédéric Thommen ein defektes Sicherheitsventil.
Die Gemeinderatsvorlagen zur gemeinsamen Sitzung können hier eingesehen werden.