Bundesverdienstkreuz

„Du hast die Ehre sicher verdient“: Claus Haberecht mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

Wen hätte es gewundert, wenn Angela Merkel, Winfried Kretschmann, Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer und Jogi Löw gestern Abend in die Stadthalle gekommen wären? Denn der, der dort mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, hat sie im Laufe von mehr als 50 Jahren ehrenamtlichen Engagements alle kennen gelernt. Doch weil sie dann doch nicht persönlich anwesend sein konnten, ließen sie ihre Glückwünsche von Kabarettist Andreas Müller in gewohnt humorvoller Weise überbringen. Und so wurde die Ehrungsveranstaltung für den unermüdlichen Ideengeber und Macher Claus Haberecht zu einem kurzweiligen Abend.

Das vom Bundespräsidenten verliehene Bundesverdienstkreuz überreichte Dr. Nicolas Stoermer (Zweiter von links) an Claus Haberecht (Mitte). Die sehr persönliche Begrüßung hatte Oberbürgermeister Wolfram Britz (ganz links) übernommen, neben dem Geehrten seine Frau Heidi Haberecht; ganz rechts Viktor Lorenz, Bürgermeister von Claus Haberechts Wohnort Appenweier.

Dazu trug auch der Umstand bei, dass die Redner mit dem Geehrten persönliche Geschichten verbanden. Im Falle von Oberbürgermeister Wolfram Britz war das nicht nur die Zeit, als beide in Bodersweier wohnten, „ich durfte viele Konzerte genießen und mit auf- und abbauen“, berichtete er aus der Zeit, als Claus Haberecht dem Stadtjugendring und später dem Verein Rheinkultur vorstand. Der Höhepunkt sei der Auftritt der Fantastischen 4 in der mit Fans bis zum letzten Platz gefüllten Stadthalle gewesen: „Ich bin heute noch froh, dass die Halle das Konzert überstanden hat.“ Allein für sein ehrenamtliches Engagement in seiner Heimatstadt Kehl bescheinigte Wolfram Britz Claus Haberecht: „Du hast die Ehre sicher verdient.“

Dr. Nicolas Stoermer, Erster Landesbeamter beim Ortenaukreis, hielt die Laudation auf Claus Haberecht. 

Was Claus Haberecht hier geleistet habe, mache seinen Wunsch verständlich, das Bundesverdienstkreuz am Wirkungsort Kehl und nicht – wie sonst üblich – in der Wohnsitzgemeinde Appenweier in Empfang zu nehmen, sagte Bürgermeister Viktor Lorenz bei seiner Begrüßung in der Stadthalle. Auch er kennt Claus Haberecht schon sehr lange: Als Kind schoss er gelegentlich seinen Fußball „in seine gepflegten Hecken – und es war nicht so einfach, den Ball wiederzubekommen“, erinnerte er sich schmunzelnd und bezeichnete Claus Haberecht „als leuchtendes Beispiel für gelebtes Engagement“ und als Vorbild für die Jugend. Mit dem Arbeitskreis Dritte Welt Kehl-Appenweier verbinde er das Engagement in beiden Kommunen.

Sein Wirken

Laudator des Abends war der Erste Landesbeamte beim Ortenaukreis Dr. Nicolas Stoermer. Als zuverlässigen Ansprechpartner, der beständig neue Ideen eingebracht und umgesetzt habe, bezeichnete er den Geehrten, dessen Arbeitsweise von zwei Faktoren geprägt sei: Zum einen bringe er Partner durch Vernetzung zu Kooperationen zusammen, zum anderen seien seine Ausdauer und Hartnäckigkeit die Voraussetzung dafür, dass er so viele Projekte gleichzeitig jonglieren könne. Claus Haberecht habe seine berufliche Tätigkeit „als Auslöser für weiterführendes Engagement genutzt“ und Pionierarbeit geleistet. Sein unermüdliches Engagement, das bereits in früher Jugend in der Jungschar der evangelischen Kirche begann, sei ein Beispiel dafür, wie ein Einzelner zum Wohlergehen in der Gesellschaft beitragen könne: „Das ist von unschätzbarem Wert für das soziale und kulturelle Zusammenleben.“ Sein Wirken zeichne sich durch ein Zusammenspiel von Sport, Kirche und Kultur aus.

Der Kabarettist Andreas Müller parodierte berühmte Persönlichkeiten, die Claus Haberecht aufgrund seines ehrenamtlichen Wirkens im Laufe der Jahre getroffen hat.

Von 1979 bis 2001 war Claus Haberecht Vorsitzender des Stadtjugendrings, der über die Jahre hinweg bewies, dass auch ein Mittelzentrum wie Kehl ein Kulturprogramm für junge und jung gebliebene Menschen bieten kann. Die Stadtjugendfete, ein Format, das auf einem Schulhof begann, entwickelte sich zu den Kehler Musiktagen in der Stadthalle, bei denen Musikgrößen wie BAB, Roger Chapman, Blood Sweat and Tears, Hannes Wader oder Konstantin Wecker zu Gast waren. Kabarettabende in der Stadthalle (Claus Haberecht: „Hier ist mein zweites Wohnzimmer“) mit Matthias Richling, Gerhard Polt oder Bruno Jonas sind in Kehl unvergessen.
Claus Haberecht war außerdem Mitgründer der grenzüberschreitenden Jugendkulturwerkstatt Zick-Zag, die im ehemaligen Zollgebäude (in Kehl als Bügeleisen bekannt) auf dem einstigen Zollhof untergebracht war. Zick-Zag brachte zu einer Zeit, als bilinguale Klassen noch eine Ausnahme waren, Jugendliche zu Tandem-Sprachkursen zusammen oder Bands von beiden Rheinseiten miteinander in Kontakt, damit sie gemeinsame Konzerte organisieren konnten. Ende der 1990er-Jahre machte er Kehl mit den Summersessions im Zollhof, zu denen jeweils um die 2000 junge Menschen kamen, weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Stargäste waren bekannte Sprayer, Rapper und Bands aus ganz Europa sowie den USA.

Claus Haberecht nutzte seine Dankesrede für eine Werbung fürs Ehrenamt.

Als Jugendlicher war Claus Haberecht als Fußballspieler und Leichtathlet zum Kehler Fußballverein (KFV) gekommen – als Erwachsener war 29 Jahre lang dessen Präsident. Acht Jahre lang spielte der Verein in dieser Phase ununterbrochen in der Oberliga. Wie wichtig dem heute 72-Jährigen auch im Sport die Verbindung zum sozialen Engagement ist, zeigte sich als Claus Haberecht 1998 das Benefizspiel zugunsten des französischen Polizisten Daniel Nivel organisierte, der von deutschen Hooligans am Rande eines Weltmeisterschaftsspiels in Südfrankreich beinahe totgeprügelt worden war. Claus Haberecht gelang es, Fußballstars aus beiden Ländern für ein Freundschaftsspiel im Rheinstadion zu gewinnen. Auch beim KFV fand er eine Verbindung zwischen Sport und sozialem Engagement: Vom Eintrittsgeld eines jeden Stadionbesuchers bei Heimspielen gehen 50 Cent an die Bürgerstiftung.

Die grenzüberschreitenden Verbindungen stärkte er mit der Organisation des Elsass Spring Cups, der über viele Jahre hinweg über Pfingsten stattfand und rund 1000 Kinder und Jugendliche aus mehreren europäischen Ländern zusammenbrachte. Welche Bedeutung die grenzüberschreitende Zusammenarbeit für ihn hatte, zeigte sich auch in seinem Berufsleben, wo er seinen Anteil am Zustandekommen des Rheinparks Pamina hatte, der auf beiden Rheinseiten unter anderem elf thematisch aufeinander abgestimmte Museen, zwei Naturschutzzentren und zahlreiche Stationen am Wegesrand verbindet. Unter den Gästen an seinem Ehrungsabend waren daher auch der frühere Präsident des Eurodistrikts Pamina, Rémi Bertrand, und dessen ehemaliger Geschäftsführer Patrice Harster, sowie Véronique Bertholle, Straßburger Beigeordnete für europäische Beziehungen.

Dank des Geehrten

Seine Dankesrede nutzte Claus Haberecht vor allem für eine Werbung fürs Ehrenamt: Seit der Pandemie habe sich vieles gewandelt, die Bereitschaft, sich für andere einzusetzen, sei zurückgegangen. Er hoffe nun auf die Boomer, die nach und nach in den Ruhestand gingen, sagte er: Ehrenamtliches Engagement bedeute nicht, dass man nicht loslassen könne, sondern „Betätigung im Miteinander für das Füreinander“. Ehrenamt (Claus Haberecht hätte gerne einen weniger angestaubten Begriff dafür) sei nicht nur Altruismus, sondern auch „Profit für einen selber“. So habe er in – zusammengerechnet – 143 Jahren ehrenamtlichen Engagements viel gegeben, aber „auch viel zurückbekommen“. Eine „gewisse Leidenschaft“ sei Voraussetzung für ehrenamtliches Engagement, außerdem brauche man „Mut zur Problemlösung, zu Nachhaltigkeit und Auseinandersetzung, aber auch Demut“.