Ameisen – Spielplatz gesperrt
Spielplatz Im Löhl in Marlen aus Sicherheitsgründen gesperrt
Der Spielplatz Im Löhl in Marlen wird von Montag, 12. August, an gesperrt, weil sich der Pflasterbelag mehr und mehr hebt. Die ohnehin geplante Erneuerung der Spielgeräte wird frühestens ab Ende Oktober erfolgen können. Grund dafür sind die Ameisen Tapinoma magnum.
Die Unebenheiten im Pflasterbelag auf dem stark von Ameisen besiedelten Marlener Spielplatz werden immer größer, hat der Betriebshof festgestellt. Das liegt zum einen an den Unterhöhlungen durch die eingeschleppte Ameisenart, die den Spielplatz komplett besiedelt hat, und zum anderen an deren Bekämpfung. Dabei wird nahezu kochend heißes Wasser unter die Platten in die Gänge der Ameisen gespritzt, um die Nester zu erreichen, die sich in bis zu einem Meter Tiefe darunter befinden. Immer wieder heben auch neugierige Spielplatzbesucher die Steine an, um das Ameisengewusel aus der Nähe zu bestaunen. Inzwischen birgt der Zustand des Pflasters ein Sicherheitsrisiko, weshalb der Spielplatz nun gesperrt wird.
Bevor die Wege instandgesetzt und die Spielgeräte erneuert werden können, muss die Stadt prüfen, wie dies geschehen kann, ohne dass die Ameisen durch Erdbewegungen weiter verschleppt werden. Deshalb werden die Arbeiten voraussichtlich nicht vor Ende Oktober beginnen können.
Nordafrikanische Ameise hat sich in Marlen explosionsartig vermehrt und breitet sich weiter aus
Es krabbelt und wuselt auf dem Spielplatz in Marlen, die Grasspielfläche ist zu einem Gutteil umgegraben, an den Holzbalken, welche die Sandfläche einfassen, haben sich dunkelgraue Ameisenstraßen und schwarze Ameisenknäule gebildet: Tapinoma magnum heißt das schwarze Krabbeltier, das zahlreiche Einwohnerinnen und Einwohner in Marlen – und inzwischen auch in Neumühl – zur Verzweiflung bringt. Obwohl die Stadt die invasive Ameisenart seit dem vergangenen Herbst mit maisstärkehaltigem Heißschaum bekämpft, haben sich die Plagegeister in Marlen explosionsartig vermehrt. „Das ist richtig krass“, sagt David Altendorf von der Schädlingsbekämpfungsfirma Kleinlogel, „das habe ich so noch nie gesehen“.
Inzwischen steht fest, dass es in Marlen eine sogenannte Superkolonie der Tapinoma magnum mit Millionen von Tieren gibt, die sich über mehrere Hektar Fläche verteilen. Die äußert flinken Ameisen unterhöhlen Gehwege und Straßen und dringen in Häuser ein. Sie habe schon alles versucht, berichtet eine Anwohnerin dem städtischen Umweltbeauftragten Gregor Koschate: Im Garten hat sie Blumenstöcke entfernt, in denen sich die invasiven Ameisen versammelt haben, und alle durch Lavendel ersetzt und im Haus alles ausprobiert, was gemeinhin gegen Ameisen hilft – bei Tapinoma magnum aber versagt. „Es gibt bislang nichts, was gesichert gegen die invasive Ameise wirkt“, erklärt Gregor Koschate, der inzwischen seit Monaten auf allen Wegen versucht, Informationen über die Bekämpfung der Tiere zu bekommen, die nicht nur für die betroffenen Anwohner eine wahre Plage sind, sondern zudem die heimische Fauna bedrohen und wirtschaftliche Schäden verursachen.
Eine Anwohnerin drückt mit der Schuhspitze gegen die Tür eines Verteilerkastens und schon wuseln Hunderte Ameisen heraus. Sie haben bereits für Ausfälle von Strom und Internet gesorgt. Entlang der Gartenmauer zeugt eine fast ununterbrochene Reihe von Sandhäufchen ebenso von der unausgesetzten Aktivität der ungezählten Plagegeister wie auf dem mit Rasengittersteinen befestigten Stellplatz vor der Garage. Wenige Meter weiter lässt das aufgelockerte Erdreich an einer Baumscheibe vermuten, dass sich Tapinoma magnum auch dort bereits eingenistet hat. Und tatsächlich: Beim Näherkommen wird ein ganzes Nest mit glibbrigen weißen Ameiseneiern sichtbar. Noch bevor der Schädlingsbekämpfer die Spritzlanze mit dem Schlauch verbunden hat, haben die Ameisen ihre Brut bereits weggeschafft.
Fünfmal haben Mitarbeiter der Firma Kleinlogel GmbH die Flächen, auf denen sich Tapinoma magnum zeigt, intensiv mit Heißschaum besprüht. Der Druck, mit dem die schäumende Flüssigkeit austritt, ist so hoch, dass Sand und Erde aufspritzen. Damit soll erreicht werden, dass der Heißschaum möglichst tief eindringt, weil bekannt ist, dass die Ameisennester in bis zu einem Meter Tiefe liegen. In der kommenden Woche erfolgt der nächste Bekämpfungszyklus.
Dass sich die Tiere trotz der Maßnahmen explosionsartig vermehrt haben, ist für Gregor Koschate ein Hinweis darauf, dass die Abstände zwischen den Einsätzen verringert werden sollten. Doch das ist alles andere als einfach: Das Unternehmen, das in Marlen tätigt ist, kommt aus Darmstadt – weil es in der näheren Umgebung keine Firma gibt, welche in der Bekämpfung der Tapinoma magnum erfahren ist. Würde man in den wöchentlichen Einsatz gehen, kämen pro Superkolonie wohl Kosten von mindestens 50 000 Euro auf die Stadt zu. Und Marlen ist inzwischen kein Einzelfall mehr: Am Spielplatz in Neumühl haben sich die nordafrikanischen Ameisen ebenfalls schon ausgebreitet – das lassen die Flecken aufgelockerter Erdflächen auf der ansonsten grünen Spielwiese vermuten. Und das schwarze Gewusel in den bepflanzten Flächen. Auch in den Einfahrten und Höfen der Häuser in den angrenzenden Straßen wimmelt es bereits von Abertausenden der Krabbler. Dieser und weitere Verdachtsfälle von Ansiedlungen von Tapinoma magnum im Stadtgebiet werden gerade untersucht.
Weil auch andere Städte und Gemeinden von der invasiven Ameise heimgesucht sind, hat sich Oberbürgermeister Wolfram Britz an das Umweltministerium des Landes, das Regierungspräsidium Freiburg und die Umweltbehörde beim Landratsamt gewandt: Da invasive Arten – dabei ist die nordafrikanische Ameise ein Beispiel und die asiatische Tigermücke ein weiteres – landes- oder gar bundesweit Probleme verursachten, könne es nicht angehen, dass die Kommunen bei der Bekämpfung allein gelassen würden. Und dies nicht nur, was die horrenden Kosten angehe: „Das Beispiel der Tapinoma magnum zeigt aus unserer Sicht beispielhaft, dass für eine effiziente Bekämpfung invasiver Arten ein unverzügliches, koordiniertes und konsequentes Handeln erforderlich ist. Aus unserer Sicht ist es dringend geboten, schlagkräftige Netzwerke aus Vertreterinnen und Vertretern der Forschung, der Wirtschaft und der Politik zu gründen“, fordert er in seinen Briefen. Eine Antwort hat die Stadt bislang – Stand 29. Mai – noch nicht bekommen.