Doppelhaushalt 2025/2026

„Kehl kann sich das Kombibad leisten“: OB Britz legt Entwurf des Doppelhaushaltes 2025/2026 vor

Luftaufnahme des Kernstadt-Freibads aus dem Jahr 2021
Auf dem Gelände des ehemaligen Freibads ist das sogenannte Kombibad geplant (Archivbild aus 2021).

Das Kombibad kann kommen: Das ist eine der zentralen Botschaften, die Oberbürgermeister Wolfram Britz vermittelte, als er am Mittwochabend (25. September) den Vorentwurf des Doppelhaushaltes 2025/2026 in den Gemeinderat einbrachte. Auch das neue Verwaltungsgebäude und das wohl 30 Millionen Euro umfassende Investitionspaket zur Umsetzung des Anspruchs auf Betreuung von Grundschulkindern wird die Stadt schultern können. Dennoch sind strukturelle Veränderungen im Haushalt unumgänglich: Die Stadt muss ihre Einnahmen steigern und ihre Aufwendungen verringern.

OB-Haushaltsrede im Wortlaut

Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
sehr geehrte Damen und Herren,
 
wir schreiben heute den 25. September 2024: So früh wie noch nie bringt die Verwaltung den Entwurf des Doppelhaushalts 2025/2026 in den Gemeinderat ein.
 
Lassen Sie mich vorab die Gründe und die Konsequenzen dafür kurz darstellen. Ich beginne mit den Gründen: 

  • Wir legen diesen Haushaltsentwurf deshalb so früh vor, weil wir hoffen, dass wir es dann schaffen, den neuen Doppelhaushalt vor Weihnachten zu beschließen. Dies wurde vom Gemeinderat schon lange gewünscht und nun setzen wir es um.
  • Wenn uns das gelingt, dürften wir Ende Januar/Anfang Februar mit der Genehmigung durch das Regierungspräsidiums rechnen können – und könnten dann mit dem Vollzug des Haushalts loslegen und direkt in die Umsetzung gehen.
  • Bislang haben wir den neuen Doppelhaushalt im März beschlossen – bis das Zahlenwerk genehmigt war und wir Ausgaben tätigen konnten, war es oft schon Juni. Das heißt: Das erste Halbjahr des ersten Haushaltsjahres war bereits verstrichen, bevor wir die Aufgaben aus dem aktuellen Haushaltsjahr angehen konnten.
  • Weil wir aber im Gemeinderat natürlich Aufgaben und Investitionen für ein ganze Haushaltsjahr beschlossen hatten, starteten wir bereits mit hohen Überträgen in das zweite Jahr des Doppelhaushalts.
  • Dieses System diente weder der Haushaltsklarheit, noch stellte es unsere Bürgerinnen und Bürger zufrieden, die selbstverständlich davon ausgehen, dass Projekte, die im Haushalt finanziert sind, auch in den Jahren umgesetzt werden, in denen sie aufgenommen sind.
Die Konsequenzen dieses veränderten Vorgehens sind folgende:
  • Es versteht sich von selbst, dass wir am 25. September noch nicht so valide Zahlen haben, wie das der Fall ist, wenn wir den Haushaltsentwurf im Dezember vorlegen. Die nächste Steuerschätzung kommt im November, um wie viele Punkte die Kreisumlage steigen wird, wissen wir noch nicht genau, um nur zwei Beispiele zu nennen. Vieles ist noch im Fluss – deshalb würde ich das vorliegende Zahlenwerk lieber als Haushaltsvorentwurf, denn als Haushaltsentwurf bezeichnen. Allein diese beiden Punkte können deutliche Veränderungen bringen: Ein Punkt Kreisumlage hat bei uns einen Wert von 800 000 Euro.
  • Das wird dazu führen – das möchte ich gleich vorwegnehmen –, dass wir auf jeden Fall einen Nachtragshaushalt für 2026 benötigen werden, um nachzusteuern. Gleichzeitig erinnern sich die Stadträtinnen und Stadträte mit langjähriger Erfahrung daran, dass wir auch im bisherigen System selten ohne Nachtragshaushalt ausgekommen sind.
  • Die Entwicklung des Haushaltsentwurfs wird sich aber nicht in den Streich- und Kürzungslisten ausdrücken, welche wiederum die erfahrenen Gremiumsmitglieder kennen, sondern diese Entwicklung wird ein Prozess sein, den wir gemeinsam zukunftsweisend gestalten.
  • Gemeinsam werden wir die angedachten Baumaßnahmen im Gemeinderat in Prioritätenlisten einordnen. Damit wollen wir erreichen, dass wir uns im Baubereich realistische Ziele setzen, uns also Jahresprogramme vornehmen, die wir personell und finanziell umsetzen können.
  • Mit der Priorisierung geben wir dem Gemeinderat ein Steuerungsinstrument an die Hand – genauso wie es das neue kommunale Haushaltsrecht vorsieht.
  • Auch die Ortschaften priorisieren die Listen, die sie einreichen, damit im Prozess im Gemeinderat deutlich wird, welche Projekte ihnen besonders wichtig sind.

Diese Änderungen im Verfahren sind ein erster wichtiger Schritt in einer Reihe weiterer Maßnahmen, mit denen wir unsere Haushaltspläne auf ein modernes, zielorientiertes Niveau heben und nachhaltiger gestalten wollen.
 
Wir fangen deshalb mit dem Baubereich an, weil hier das größte Investitionsvolumen umgesetzt wird und weil wir hier die höchsten Haushaltsüberträge haben.
 
Viele von Ihnen werden sich daran erinnern, dass wir in früheren Jahren komplette Jahresarbeitsprogramme im Gebäudemanagement oder im Tiefbau von einem Doppelhaushalt in den nächsten mitgenommen haben.
 
Im vergangenen Jahr haben wir im Nachtragshaushalt für 2024 die Baumaßnahmen erstmals um 9,5 Millionen Euro auf 21 Millionen Euro reduziert. Zusätzlich haben wir von 2023 auf 2024 Überträge von 30 Millionen Euro mitgezogen – eine Rekordsumme.
 
Das werden wir nicht mehr tun. Wir werden Überträge innerhalb eines Doppelhaushalts vom ersten auf das zweite Jahr großzügig handhaben, von einem Doppelhaushalt auf den nächsten aber auf ein Minimum beschränken.
 
Anders ausgedrückt: In einen Doppelhaushalt begonnene Projekte laufen auch im nächsten weiter. Projekte, die nicht begonnen wurden, müssen für den nächsten Doppelhaushalt neu angemeldet und im Gemeinderat wieder in die Prioritätenliste eingeordnet werden.
 
Finanz- und Personalkapazität bilden eine Art rote Linie: Alle Projekte über der Linie werden in den Haushaltsplan aufgenommen, was darunter steht, taucht im aktuellen Doppelhaushalt nicht auf – und wird auch nicht automatisch in die mittelfristige Finanzplanung geschoben.
 
Das bedeutet: Wenn Sie beschließen, welche Vorhaben umgesetzt werden, entscheiden Sie gleichzeitig, welche ihren Weg nicht in den Haushaltsplan finden. Damit steht jedes Projekt in Konkurrenz zu jedem anderen.
 
Natürlich kann die Prioritätenliste im Laufe des Haushaltszeitraums wieder aufgemacht werden: Kommt ein neues Vorhaben auf, das der Gemeinderat umgesetzt sehen möchte, entscheiden Sie, an welcher Stelle in der Prioritätenliste dieses eingeschoben wird.
 
Das hat zwangsläufig zur Folge, dass ein anderes Projekt unter die rote Linie rutscht und damit im aktuellen Doppelhaushalt nicht realisiert wird.
 
Natürlich werden wir einen gewissen Puffer einbauen, um Leerlauf zu vermeiden, sollte es bei der Umsetzung eines Vorhabens unvorhergesehene Schwierigkeiten oder Verzögerungen geben, die wir nicht beeinflussen können.
 
Auch in der Bauunterhaltung wird es diesen Puffer für unvorhersehbare Maßnahmen geben.
 
Unser Ziel ist es jedoch, auch Unterhaltungsmaßnahmen neu zu denken: Wir wollen Flickwerk durch durchdachte Sanierungskonzepte ersetzen, die uns eine deutliche Verbesserung der Qualität des jeweiligen Gebäudes versprechen.
 
Allerdings kann uns das nur gelingen, wenn wir endlich ernstmachen und unseren Bestand von fast 140 Gebäuden deutlich reduzieren, den wir in guten Jahren aufgebaut haben.
 
Darüber sprechen wir in Kehl schon seit Jahrzehnten – jetzt müssen wir handeln.
 
Natürlich mangelt es nie an – guten – Ideen dazu, wie Gebäude genutzt werden könnten und es findet sich immer ein Verein oder eine Gruppierung, die gerne eigene Räume hätte: Wir haben aber schon seit Jahren das Problem, dass wir uns – vor allem mangels ausreichender Personalkapazität – um unsere Häuser nicht so kümmern können, wie das nötig wäre, um auch nur den Bestand zu sichern.
 
So haben wir über viele Jahre, ja Jahrzehnte hinweg, einen Instandhaltungsstau aufgebaut, den wir so nicht mehr abarbeiten können.
 
Das ist aber nur ein Grund, weshalb wir uns von einer Vielzahl von Gebäuden trennen müssen. Spätestens bis 2040 müssen wir als Stadt klimaneutral sein – hier werden alle städtischen Liegenschaften einbezogen.
 
Daher sind unser Gebäudemanagement und der Bereich Liegenschaften dabei, ein Portfolio der Immobilien im städtischen Besitz aufzustellen, das uns als Orientierungshilfe bei der Entscheidung dienen wird, welche Häuser wir veräußern können.
 
Diese Entscheidungen werden uns nicht leichtfallen, manche werden weh tun, aber wir haben aus verschiedenen Gründen keine Wahl.
 
Nach diesen Bemerkungen zum neuen Verfahren komme ich zum Vorentwurf des Haushaltes, dessen Eckdaten Ihnen im Nachgang Herr Fäßler näher erläutern wird.
 
Wir legen diesen Haushaltsentwurf in einer geopolitisch turbulenten Zeit vor, die geprägt ist von anhaltenden Kriegen in der Ukraine und in Nahost. Wenn wir über die wirtschaftlichen Auswirkungen bei uns sprechen, sollten wir nicht vergessen, in welch‘ privilegierter Lage wir uns befinden, weil wir in Frieden leben dürfen.
 
Baupreissteigerungen von etwa 4,5 Prozent verteuern unsere Projekte und wir rechnen mit niedrigeren Steigerungsraten beim Gewerbesteueraufkommen. Aber wir sprechen noch immer von Steigerungsraten und können – Stand 21. September – in diesem Jahr mit 35,4 Millionen Euro Gewerbesteuer rechnen.
 
Durch unsere mittelständischen Unternehmen und durch den Umstand, dass die Unternehmen in Kehl einen breiten Branchenmix abbilden, sind wir in der glücklichen Lage, dass unser Haushalt von einer starken Wirtschaft mit einem guten Steueraufkommen getragen wird. Mit unseren Gewerbegebieten und dem Kehler Hafen wird uns vieles ermöglicht.
 
Weil unsere Haushalte in den zurückliegenden Jahren – ich spreche hier von den Jahren 2014 bis 2018 – deutlich besser abgeschlossen haben, als wir das in unseren Haushaltsplänen vorausgesehen haben, stützen wir uns auf eine in Termingeldern gebundenen Liquiditätsrücklage in Höhe von derzeit 107 Millionen Euro.
 
Das bedeutet nicht, dass wir im Geld schwimmen oder dieses mit vollen Händen ausgegeben können. Keineswegs.

Aber wir können uns die beiden großen Projekte, die wir uns vorgenommen haben, leisten: 
  • ein Ganzjahresbad – wir nennen es Kombibad – für unsere Gesamtstadt, das anstatt der ursprünglich veranschlagten 39 Millionen Euro nun voraussichtlich 47,4 Millionen Euro kosten wird – und das, obwohl von den Planern kostensenkende Optimierungen vorgenommen wurden.
  • ein Verwaltungsgebäude für etwa 25 Millionen Euro, das wir dringend benötigen, um die steigende Zahl von Mitarbeitenden unterzubringen, die Verwaltung wieder an einem Standort zusammenzuführen, moderne Arbeitsplätze bieten – und: Immobilien verkaufen zu können, die weder barrierefrei sind, noch den energetischen Standards und in Teilen auch nicht den Arbeitsplatzrichtlinien entsprechen.

Darüber hinaus sehen wir uns vor einem rund 30 Millionen Euro umfassenden Investitionsprogramm für die Ganztagsbetreuung unserer Grundschulkinder, wofür wir jedoch erhebliche Zuschüsse vom Land erwarten.
 
Während wir uns diese Investitionen für sich betrachtet leisten können, verschlechtert sich unser ordentliches Ergebnis in den Doppelhaushaltsjahren 2025 und 2026 deutlich. Das liegt vor allem daran, dass unsere Aufwendung stärker steigen als unsere Erträge.
 
Die höchste Steigerungsrate im neuen Doppelhaushalt weist mit 27,4 Prozent der Transferaufwand aus. Der setzt sich vor allem aus der Finanzausgleichsumlage und der Kreisumlage zusammen – beide sind durch die Stadt nicht beeinflussbar und übersteigen in den nächsten beiden Jahren deutlich die Personalausgaben, den sonst größten Ausgabeblock im Ergebnishaushalt. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass hier bislang keine neuen Personalstellen eingerechnet sind.
 
Auch die Abschreibungen belasten mit einer Steigerung von fast 19 Prozent unseren Doppelhaushalt und werden in den Folgejahren weiter zunehmen. Dies liegt daran, dass bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz 2014 viele der städtischen Anlagen bereits abgeschrieben waren. Nach Generalsanierungen sind diese mit dem vollen Abschreibungssatz anzusetzen – bei Neubauten gilt das ohnehin.
 
Weil wir verpflichtet sind, dauerhaft einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt zu erwirtschaften, müssen wir unsere Einnahmen steigern und unsere Aufwendungen verringern.
 
Wir denken dabei nicht an Steuererhöhungen: Wir sind im Corona-Doppelhaushalt mit den Hebesätzen aus unserer Sicht ziemlich an die Grenzen gegangen. Bei der Grundsteuer blockiert ohnehin die Reform Veränderungen nach oben: Sie erinnern sich daran, dass wir gehalten sind, die Reform für unsere Einnahmen aufkommensneutral umzusetzen.
 
Bei der Gewerbesteuer könnte man noch etwas Luft sehen – ich warne aber davor, in diesen wirtschaftlich schwierigen und unsicheren Zeiten unsere Unternehmen zusätzlich zu belasten.

Das wiederum heißt, es bleibt uns nur: 
  • unsere in mehreren Bereichen unterdurchschnittlich niedrigen Gebühren zu erhöhen,
  • und unsere überdurchschnittlich umfangreichen freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand zu stellen.

Ich spreche bewusst davon, dass wir diese Angebote auf den Prüfstand stellen und nicht von streichen: Kreative Lösungen können es – zumindest in einigen Bereichen – ermöglichen, dass Einsparungen und Verbesserungen Hand in Hand gehen.
 
Ich möchte ein Beispiel nennen: Unser Stadtentwicklungskonzept ist inzwischen schon ein paar Jahre alt. Wir haben es mit einer breiten Bürgerbeteiligung erarbeitet und mit großer Mehrheit hier im Gemeinderat beschlossen.
 
Ein Kernpunkt des Konzeptes ist es, dass wir in Raumschaften denken. Wir haben damit angefangen – aber aus meiner Sicht – in eher bescheidener Form. Hier ist noch Luft nach oben.
 
Was ich vorher zum zwingend notwendigen Verkauf von städtischen Immobilien gesagt habe, gilt auch hier: Wir müssen jetzt vom Drüberreden zum Handeln kommen.
 
Wir können unsere notwendigen und zukunftsweisenden Investitionen nur dann umsetzen, wenn es uns gelingt, unseren Ergebnishaushalt zu konsolidieren.
 
Ich habe es eingangs gesagt: Wir legen heute einen Vorentwurf des Doppelhaushalts vor, der sich in den nächsten Wochen und Monaten noch verändern wird und muss – vor allem, was die negativen Saldi des Ergebnishaushaltes betrifft.
 
Es geht uns nicht schlecht in Kehl, doch wir stehen an einem Kipppunkt: Wir leben in Kehl sehr gut und das ist schön. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich an Annehmlichkeiten sehr schnell gewöhnt und sie als selbstverständlich begreift.
 
Wenn wir in den nächsten Jahren auf das ein oder andere verzichten müssten, ist es keine Katastrophe.
 
Ich bin überzeugt, dass wir in diesem neuen Gremium diese Herausforderungen ernsthaft, konstruktiv, kreativ und innovativ angehen werden.
 
Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam gute Lösungen für unsere Stadt erarbeiten und einen nachhaltigen Doppelhaushalt auf den Weg bringen.

Es bleibt festzuhalten 
  • Haushalte aufzustellen ist herausfordernd.
  • Kehl geht es finanziell aktuell immer noch gut.
  • Unsere beschlossenen Projekte sind umsetzbar und zukunftsorientiert.

Allen Mitarbeitern, welche für Sie im Gemeinderat die Vorarbeit geleistet haben, gilt mein herzlicher Dank.
 
Ich gebe das Wort nun unserem Fachbereichsleiter Finanzen, Herrn Max Fäßler, der Ihnen, das, was ich in Prosa ausgedrückt habe, mit Zahlen verdeutlichen wird.
 
Vielen Dank!