Was darf ein Baumpfleger?

Was darf ein Baumpfleger?

„Verantwortungslos“, „übertrieben“ und „zu spät“ – Vorwürfe wie diese begegnen den städtischen Baumpflegern immer wieder, insbesondere dann, wenn sie an öffentlichen Plätzen Form- oder Pflegeschnitte vornehmen. Dabei sind dies häufig Schnitte zur Verkehrssicherung.

Pilzbefall, wie beispielsweise bei der Massaria-Krankheit, lässt sich oft nur in den Wipfeln der befallenen Bäume erkennen.

Welke Blätter an den Ästen, ein lichtes Kronenbild –der Platane auf dem südlichen Marktplatz, nahe dem Drogeriemarkt, geht es nicht gut. Die Klimaveränderungen, insbesondere die trockenen Sommer, machen den Bäumen schwer zu schaffen. Nicht selten fehlen ihnen durch die häufige Trockenheit wichtige Nährstoffe. Das wiederum macht die Platanen anfällig für Erreger und Pilze, wie beispielsweise die Massariakrankheit. Vom Boden aus betrachtet wirken die Bäume auf den ersten Blick gesund. Erst wenn die Fachagrarwirte für Baumpflege mit der Hubarbeitsbühne in den Wipfel hinaufsteigen, lässt sich der Pilzbefall deutlich erkennen. „Massaria zeigt sich durch eine leichte Verfärbung auf der Astoberseite“, weiß Kevin Lösch, Fachagrarwirte für Baumpflege beim städtischen Betriebshof. Ist ein Ast befallen, frisst sich der Pilz keilförmig ins Holz. „In wenigen Monaten können selbst Starkäste derart geschwächt werden, dass sie abbrechen“, erklärt Kevin Lösch. Dann können selbst Äste mit einem Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern herabstürzen. Das ist der Grund, weshalb die städtischen Baumpfleger regelmäßig, insbesondere vor Großveranstaltungen, auf Massariakontrolle gehen und im Fall der Fälle befallene Äste oder Totholz aus den Bäumen schneiden müssen. Zur Verwunderung einiger Bürgerinnen und Bürger geschieht das auch innerhalb der sogenannten Brut- und Setzzeit, also zwischen dem 1. Mai und Ende September.

Eigentlich sieht das Bundesnaturschutzgesetz vor, dass in dieser Zeit keine Bäume, Sträucher und Hecken außerhalb von Wäldern geschnitten, auf den Stock gesetzt oder gar gefällt werden dürfen. Eigentlich – denn das Gesetz sieht durchaus Ausnahmen vor. Eine dieser Ausnahmen ist die Verkehrssicherungspflicht, also der Schutz von Menschen. Besteht die Gefahr, dass die Bäume Totholz oder kranke Äste abwerfen oder nicht mehr standsicher sind, dürfen sie auch in dieser Zeit beschnitten oder gefällt werden. Weil die Verkehrssicherungspflicht eine städtische Aufgabe ist, fällt dies den Baumpflegern zu. Und selbst dann zücken die Baumpfleger nicht sofort die Sägen: „Wir beschauen die Bäume natürlich und machen eine artenschutzrechtliche Prüfung“, berichtet Kevin Lösch. Findet sich im Geäst ein Taubennest oder werden Baumhöhlen von Fledermäusen oder Eichhörnchen bewohnt, „dann machen wir grundsätzlich gar nichts an dem Baum“, betont er. Tritt der Extremfall ein und ein Baum hat so stark an Standsicherheit eingebüßt, dass er nicht bis zum Winter stehen bleiben kann, kontaktiert der Betriebshof die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises. Denn diese muss eine Ausnahmegenehmigung für die Fällung erteilen, auch wenn diese aus Sicherheitsgründen geschehen. „Wir sichern uns jedes Mal ab“, sagt Kevin Lösch.

Dass es für Bürgerinnen und Bürger nicht immer ersichtlich ist, weshalb die städtischen Baumpfleger die Gehölze im Stadtgebiet während der allgemeinen Schonzeit zurechtschneiden, dafür bringen die Fachagrarwirte um Kevin Lösch Verständnis auf. „Interessierte können uns jederzeit ansprechen und erhalten dann eine fachliche Auskunft“, versichert er. Dabei ist ihm ein respektvoller Umgangston wichtig.