25 Jahre Kehler Tafel

Einweihung des neuen Tafelladens zum 25-jährigen Bestehen

In der Karwoche 1999 öffnete in Kehl in einer Ein-Zimmer-Wohnung der Städtischen Wohnbau in der Schutterstraße ein Tafelladen. Am Samstag (23. März) feierte die Einrichtung, bei der seither Menschen mit geringerem Einkommen einkaufen können, ihr 25-jähriges Bestehen mit der offiziellen Einweihung der neuen Räume an der Vogesenallee. Die Redner waren sich einig: Die Tafel ermöglicht soziale Teilhabe und trägt mit der Rettung von ungezählten Tonnen von Lebensmitteln zur Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung bei.

An die Anfänge der Kehler Tafel in einer Ein-Zimmer-Wohnung in der Schutterstraße erinnerte Albert Guhl bei Einweihung der neuen Räume an der Vogesenallee.

Tafelläden dürfte es, sagte Oberbürgermeister Wolfram Britz, in einem reichen Land wie Deutschland eigentlich gar nicht geben: „Eigentlich sollten alle Menschen so viel Geld zur Verfügung haben, dass sie damit ihren Lebensunterhalt bestreiten und sich im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln versorgen können.“ Weil das aber bekanntlich nicht der Fall sei, führten die täglich vor dem Laden wartenden Menschen die Notwendigkeit der Einrichtung jeder und jedem vor Augen. Weil die Lebensmittel, welche die Tafel bei Supermärkten, Bäckereien und anderen Geschäften einsammle, nicht ausreichten, gebe es sogar eine Warteliste: Wer sich mit einem Berechtigungsschein registriere, müsse in der Regel noch drei Monate warten, bis er tatsächlich einkaufen dürfe.

Würden aber die Mitarbeitenden der Tafel die Lebensmittel nicht einsammeln, würden diese unweigerlich im Müll landen, sagte Wolfram Britz: „Auch das gehört zur Wahrheit.“ Damit wirke die Tafel in zweifacher Hinsicht positiv in die Gesellschaft hinein: Durch die Unterstützung von Bedürftigen trage das Tafelteam zum Erhalt des sozialen Friedens in Kehl bei; mit der Rettung von Lebensmitteln leiste es einen Beitrag gegen die Verschwendung von wertvollen Ressourcen. Der OB dankte den 50 Mitarbeitenden, darunter 44 Ehrenamtliche, dafür, dass sie an fünf Tagen der Woche dafür sorgten, dass beides möglich sei. Neun bis zehn Arbeitsstunden wendeten sie dafür pro Tag auf, zähle man alles zusammen, komme man auf 180 bis 190 Stunden Ehrenamt pro Woche – „umgerechnet wären das 4,5 Vollzeitstellen“. Es sei eine ungeheure Leistung, die das Tafelteam seit 25 Jahren mit großer Verlässlichkeit erbringe. Dass die Ehrenamtlichen der Tafel über viele Jahre hinweg trotz der ungeeigneten Unterbringung des Ladens in ihrem Engagement nicht nachgelassen hätten, verdiene großen Respekt.

Umso mehr freue er sich über die hellen Räume im Neubau der Städtischen Wohnbau an der Vogesenallee, erklärte Wolfram Britz: Der barrierefreie Laden sei in enger Kooperation zwischen Wohnbau-Geschäftsführer Jurij Kern und dem Vorstand der Nachbarschaftsnetzwerks Kehl-Dorf mit Albert Guhl an der Spitze, entwickelt worden. Abstimmung und Umzug hätten die Ehrenamtlichen zusätzlich zum Tagesgeschäft in der Tafel gefordert; allein für den Umzug wurden rund 300 Stunden aufgewendet. Für die Stadt und den Gemeinderat sei es daher klar gewesen, dass man die Tafel mit den Mietkosten nicht allein lasse: „Wir stehen an Ihrer Seite, wir leisten unseren Beitrag, um soziale Not abzufedern, wo wir können“, schloss der OB.

Albert Guhl erinnerte an die Anfänge der Tafel in der Schutterstraße 88, in einer Ein-Zimmer-Wohnung. Vereinsmitglieder und Bewohner hätten dann gemeinsam mitgeholfen, die Wohnung in der Schutterstraße 86 zu sanieren. Dort war zwar mehr Platz, doch die Waren mussten über Treppenstufen in den Keller und von dort über zwei Stockwerke wieder in den Verkaufsraum geschleppt werden. Palletten abzuladen und die Waren zu lagern, sei unmöglich gewesen, berichtete der Vorsitzende des Nachbarschaftsnetzwerks Kehl-Dorf. Schon seit Jahren habe man nach geeigneteren Räumen gesucht – immer vergeblich, bis der Aufsichtsrat der Städtischen Wohnbau, und der Gemeinderat, beschlossen hätten, dass der Tafelladen im Neubau an der Vogesenallee neue Räume bekomme.

Durch die ebenerdige Zufahrt können mit einer Ameise auch Paletten abgeladen und die Waren eingelagert werden, zeigt Albert Guhl bei der Führung durch die neuen Räume den Gästen.

Bei einer Führung durch den Tafelladen zeigten Albert Guhl und der zweite Vorsitzende Bernhard Karcher den Gästen die ebenerdige Anlieferung samt der Ameise, die es nun ermögliche, auch Paletten abzuladen. Kühlräume ersetzen die neun Kühlschränke und fünf Gefriertruhen aus der alten Tafel. Insgesamt 300 Quadratmeter umfasst die Nutzfläche – das führt dazu, dass statt bislang maximal drei nun bis zu sechs Kundinnen und Kunden gleichzeitig im Tafelladen einkaufen können. „Alle sind begeistert“, lautete entsprechend das Fazit von Albert Guhl, der seinen Dank an die Spenderinnen und Spender richtete, allen voran die Bürgerstiftung Kehl und die Carl-Friedrich-Geiger-Stiftung, ohne deren kontinuierliche Unterstützung der finanzielle Kraftakt zur Einrichtung der neuen Tafel nicht möglich gewesen wäre.

Für die Tafel Baden-Württemberg überbrachte deren Vorsitzender Wolfhart von Zabiensky die Glückwünsche zum 25-jährigen Bestehen und betonte gleichzeitig, dass die Armut nicht weniger werde und sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffne. Fast 17 Prozent der Menschen lebten bundesweit und mehr als 14 Prozent in Baden-Württemberg an der Armutsgrenze: „Wir können diese unbefriedigende Situation zwar lindern, aber nicht nachhaltig verbessern“, sagte Wolfhart von Zabiensky, der auch Vorsitzender der Tafel Offenburg ist.