Neujahrsempfang

Beim Neujahrsempfang: Alban Meier und Friedrich Peter mit der Bürgermedaille ausgezeichnet

Oberbürgermeister Wolfram Britz beim Anschneiden der Neujahrsbrezel gemeinsam mit Alban Meier (links) und Friedrich Peter (rechts).

Alban Meier und Friedrich Peter sind beim Neujahrsempfang der Stadt Kehl am Montagabend (8. Januar) mit der Bürgermedaille in Gold ausgezeichnet worden: Der Pfarrer im Ruhestand Alban Meier als Brückenbauer mit herausragender Integrationskraft, Friedrich Peter als ehemaliger Geschichtslehrer, der die Erinnerungs- und Gedenkkultur der Stadt entscheidend mitgeprägt hat. Oberbürgermeister Wolfram Britz wünschte sich in seiner Neujahrsrede für Kehl, „dass wir dem Schwarzsehen, Jammern und Klagen mutig entschiedene Hoffnung entgegensetzen“. Aus Straßburg sind Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian und Pia Imbs, die Präsidentin der Eurométropole de Strasbourg, zum Neujahrsempfang gekommen und haben Grußworte an die Gäste in der Stadthalle gerichtet.

Als Alban Meier 1967 nach Kehl kam, wurde er Pfarrer einer neuen Kirchengemeinde in einem sich gerade erst bildenden Stadtteil im Niedereichwinkel. Viele der Menschen, die sich in den neuen Wohnblocks und Mehrfamilienhäusern ansiedelten, wurden als Arbeitskräfte vor allem in den Großbetrieben im Hafen dringend gebraucht. „Alban Meier findet hier eine Aufgabe, die ihm auf den Leib geschrieben ist“, berichtete Wolfram Britz: Er vermittelte zwischen den Neuankömmlingen und Alteingesessenen, zwischen Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft und Nationalität.

Alban Meier freut sich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Ursula Kretz über den Erhalt der Bürgermedaille. 

Der junge Pfarrer sei für sie der Fels in der Brandung gewesen, ein Lotse in der noch fremden Heimat, „der eine fast selbstverständliche Integrationskraft entfaltete – sozusagen der erste Integrationsmanager der Stadt Kehl“, sagte der OB. Er integrierte Laien in die Gemeindearbeit in Sankt Maria und begründete eine Gemeinschaft, die auch auf Angehörige anderer Religionen – oder Menschen, die sonst nichts mit Kirche anfangen konnten – Anziehungskraft ausübte. Alban Meier sei „die treibende Kraft für die Ökumene in Kehl“ gewesen, sagt Wolfram Britz, „und grenzüberschreitend sowieso“. Er erinnert an die ökumenischen Gottesdienste zum Messdi oder vor dem Fastnachtsumzug, bei den Rheinfesten oder der Gartenschau.

Alban Meier habe menschliches Leid und tiefe soziale Not wahrgenommen „und handelt und macht“. Als Beispiele dafür nennt OB Britz die Gründung des Vereins Huckepack, der sozial benachteiligte Kinder fördere und zu ihrer Integration beitrage, die Gründung der kirchlichen Sozialstation Kehl-Hanauerland sowie die Einrichtung des integrativen Kindergartens Sankt Raphael – immer war Alban Meier Initiator oder Mitgründer. Alban Meier habe die Kehler Nachkriegsgeschichte mitgeschrieben und das soziale Gewissen der Stadt nachhaltig geprägt, brachte der OB die hervorragenden Verdienste des dienstältesten Kehler Pfarrers auf den Punkt, bevor er ihm die Bürgermedaille in Gold überreichte.

„Alles, was ich in Kehl bewirken konnte, ist durch das Engagement und die kreative Mitarbeit vieler Menschen entstanden“, erklärte Alban Meier anschließend in seiner emotionalen Dankesrede. Auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit habe ihn viele Freunde finden lassen. Besonders bedankte sich der Pfarrer bei Gott und seiner Lebensgefährtin Ursula Kretz, die ihm beide Kraft gegeben hätten.

Erinnerungs- und Gedenkkultur in der Stadt entscheidend geprägt

Als Pax-Christi-Beauftragter für die Ortenau teilte Alban Meier auch das Anliegen des zweiten Geehrten beim Neujahrsempfang: Friedrich Peter engagiert sich seit mehr als 40 Jahren dafür, „das dunkelste Kapitel in der Geschichte unserer Stadt aufzuarbeiten und in die Köpfe und Herzen der Menschen zu bringen“, leitete Wolfram Britz zu zweiten Laudatio über.

Friedrich Peter habe bereits Ende der 1970er-Jahre begonnen, ehemalige Kehlerinnen und Kehler jüdischen Glaubens in der ganzen Welt aufzuspüren, um die jüdische Geschichte der Stadt zu dokumentieren und diese als Geschichtslehrer an Generationen von Schülerinnen und Schüler weiterzugeben. „Ihnen vor allem ist es zu verdanken, dass die Stadt mehrfach Überlebende des Holocaust – oder ihre Nachkommen – einladen konnte“, berichtete der OB. Der frühere Kehler Oberbürgermeister, Dr. Günther Petry, habe Friedrich Peter federführend die Organisation des Zusammentreffens von 16 ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern 2001 in Kehl übertragen.

"Das ist etwas ganz besonderes für mich", betont Friedrich Peter, nachdem er die Bürgermedaille entgegengenommen hat.

Diese intensive Begegnung mit der Vergangenheit sei auch für die Gastgeber sehr aufwühlend gewesen und habe die Erinnerungs- und Gedenkkultur in der Stadt entscheidend geprägt – „und daran haben Sie, Herr Peter, einen wichtigen Anteil“, sagte Wolfram Britz.

Friedrich Peter habe vor und nach diesem Ereignis viel Zeit investiert, um die Kontakte zu ehemaligen jüdischen Kehlerinnen und Kehlern zu pflegen und zu intensivieren. Seine Schriftwechsel sowie eine Vielzahl von Bildern und Dokumenten habe er sorgfältig aufbewahrt und schließlich an Archiv- und Museumsleiterin Dr. Ute Scherb übergeben. „Mit den Dokumenten aus Ihrem persönlichen Besitz haben Sie den Grundstein für eine wertvolle Sammlung gelegt, die auch künftigen Generationen die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen in unserer Stadt ermöglichen wird“, würdigte Wolfram Britz die besonderen Verdienste von Friedrich Peter, der auch nach mehr als 40 Jahren in seinem Engagement nicht nachlasse: Er sei aktives Mitglied des Arbeitskreises 27. Januar, der die Verlegung der Stolpersteine in Kehl organisiere und pflege einen intensiven Kontakt zur jüdischen Gemeinde Straßburg und zum Verein Stolpersteine 67.

Die Straßburger Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian gibt einen Ausblick auf die weitere grenzüberschreitende Zusammenarbeit. 

Während seiner Dankesrede schlug Friedrich Peter bescheiden in eine ähnliche Kerbe wie Alban Meier und betonte, dass er bei vielen Projekten vielleicht der Initiator gewesen sei, ihm jedoch viele Menschen auf seinem Weg geholfen hätten. Er erwähnte auch den früheren Stadtarchivaren Hartmut Stüwe, seine Nachfolgerin Dr. Ute Scherb sowie den ehemaligen Oberbürgermeister Günther Petry und bedankte sich bei der Stadt Kehl: „Die Stadt hat immer einen offenen Geist gegenüber der Erinnerungskultur gezeigt“, lobte er.

Neben den beiden mit der Bürgermedaille Ausgezeichneten Kehlern, waren als Ehrengäste auch die Straßburger Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian sowie die Präsidentin der Eurométropole de Strasbourg, Pia Imbs in der Stadthalle geladen. Die Französinnen haben in deutscher Sprache Grußworte an das Publikum gerichtet. Die Straßburger Amtskollegin von Wolfram Britz, Jeanne Barseghian, blickte auf die vergangenen gemeinsamen Projekte der Nachbarstädte Kehl und Straßburg wie die grenzüberschreitende Wärmegesellschaft Calorie und den dritten Ort KaleidosCoop zurück. Außerdem gab sie einen Ausblick auf die weitere Zusammenarbeit im Jahr 2024. „In diesem Jahr wünsche ich mir besonders, dass die grenzüberschreitende Einheit und Verständigung wie Leuchttürme in unserem Alltag erstrahlen, als Gegenpol zur Abschottung und dem Misstrauen gegenüber Anderen“, teilte sie den Gästen mit.

Auch die Präsidentin der Eurométropole de Strasbourg, Pia Imbs, äußerte in ihrer Ansprache den Wunsch, dass die Zusammenarbeit der Eurometropole und der Stadt Kehl im Jahr 2024 weiter vertieft werden kann. Sie betonte in diesem Zuge die Wichtigkeit der grenzüberschreitenden Tram in der Metropolregion: „Sie ist unsere Lebensader, die Freunde und Familien zusammenbringt.“ Darum sei sie mehr als nur eine Straßenbahn, erklärte Pia Imbs.
 

In seiner Neujahrsansprache ging Oberbürgermeister Wolfram Britz auf die beiden Friedensfahnen ein, die seit dem Volkstrauertag (19. November) vor dem Rathaus wehen und machte die aufgedruckten Werte – Menschenwürde, Freiheit, Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Respekt – zum Leitfaden seiner Rede. Er rief dazu auf – nach dem Beispiel von Alban Meier – den Kontakt und den Dialog mit Andersdenkenden, aber auch mit Geflüchteten zu suchen, die in Kehl lebten oder noch nach Kehl kämen. Auf diese Weise ließen sich viele Dinge regeln, bevor sie zum Problem werden könnten.

Auch die Präsidentin der Eurométropole de Strasbourg, Pia Imbs wünscht sich für 2024 eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen der Eurometropole und Straßburg.  

Er stellte dar, „dass es uns gut geht in Kehl: Wir leben nicht nur in Frieden und Freiheit, sondern auch im Wohlstand“. Die Stadt könne sich zusätzlich zur Sanierung und der Digitalisierung der Schullandschaft mit einem Investitionsvolumen von rund 30 Millionen Euro, den Neu-, Aus- und Umbau von Kindertageseinrichtungen leisten und noch dazu ein neues kombiniertes Hallen- und Freibad für rund 45 Millionen Euro bauen.

Parallel dazu habe die Stadt die Aufnahme des Bereichs von der Stadthalle bis zum Hanauer Museum ins Städtebauförderprogramm beantragt – auch hier sollen 14 Millionen Euro für die Umgestaltung der Hauptstraße und den Bau eines dringend notwendigen Verwaltungsgebäudes auf dem Rathausareal ausgegeben werden.

Wolfram Britz ging auch auf den Wunsch der Interessengemeinschaft Kehl-Kernstadt nach einem Ortschaftsrat ein und sagte zu, dass die Verwaltung schon bald Vorschläge zu Beteiligungsmodellen machen werde.

Wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an Weihnachten forderte er Kehlerinnen und Kehler auf: „Arbeiten Sie mit, damit besser wird, was noch nicht gut ist, lassen Sie uns das Gemeinsame über das Trennende stellen.“ Und schloss: „Wir haben allen Grund zur Hoffnung, wenn wir auf das setzen, was allein Zukunft möglich macht: Zusammengehörigkeit und Zusammenhalt.“

Umrahmt wurden die Feierlichkeiten an diesem Abend von dem Freiburger Kabarettisten Matthias Deutschmann, der während seines Auftritts nur lobende Worte für die Stadt Kehl und ihren Oberbürgermeister fand. In Richtung des OB sagte er im Anschluss an dessen Neujahrsansprache: „So eine Rede hätte ich vom Niveau her auch in Freiburg hören können“. Außerdem merkte er an, dass man Europa nirgendwo so nahe sei, wie in Kehl. Für die musikalische Untermalung sorgten die Band Café Flore sowie der junge Pianist Robin Kersic der auf dem Klavier Interpretationen der Musikstücke Mamma Mia und Fly me to the Moon vorführte.

Von Kehl über Kork nach New York hieß es, als die beiden ehemaligen Kehler Phillip Jedicke, der heute als Filmregisseur arbeitet und der ZDF-Moderator und Meeresbiologe Uli Kunz in einem eingespielten Video für eine kleine Überraschung sorgten. Kurz bevor Wolfram Britz gemeinsam mit den beiden mit der Bürgermedaille Geehrten, Alban Meier und Friedrich Peter, die Neujahrsbrezel anschnitt, wünschten sie allen Gästen eine schöne Feier und ein gutes Jahr 2024.
 

Impressionen vom Neujahrsempfang im Video

Die Neujahrsrede im Wortlaut

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung: Sie haben bestimmt wahrgenommen, dass wir die Gästeliste – in alphabetischer Reihenfolge – über die Leinwand haben laufen lassen.
 
Sollten Sie Ihren Namen aber auf der Liste vermisst haben, bitte ich Sie um Nachsicht und darum, sich ebenfalls angesprochen zu fühlen.
 
Ich freue mich sehr, dass wir nach drei Jahren Abstinenz in Kehl wieder einen Neujahrsempfang ausrichten und dass Sie in so großer Zahl unserer Einladung gefolgt sind.
 
Seien Sie alle sehr herzlich gegrüßt.
 
Besonders begrüßen möchte ich heute nur vier Ehrengäste:
 
ein herzliches Willkommen meiner Straßburger Kollegin Jeanne Barseghian und der Präsidentin der Eurométropole Pia Imbs. Es freut mich sehr, dass Sie beide es möglich gemacht haben, heute dabei zu sein und zu uns zu sprechen.
 
ein ebenso herzliches Willkommen gilt Ihnen, lieber Alban Meier, und Ihnen, lieber Herr Peter: Es ist mir eine Ehre, Sie nachher mit der Bürgermedaille der Stadt Kehl in Gold für Ihre hervorragenden Verdienste um unsere Stadt auszeichnen zu dürfen.
 
Es ist mir ein besonderes Bedürfnis, allen zu danken, welche sich heute beim Neujahrsempfang für unsere Stadt engagieren und auch denjenigen, welche sich im letzten Jahr in verschiedenster Weise eingesetzt haben:
Den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, den Ehrenamtlichen in Vereinen und allen Kehlerinnen und Kehlern, jeder und jedem in seiner speziellen Rolle. Herzlichen Dank!
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
am 19. November, dem Volkstrauertag, haben wir die ukrainische und die israelische Nationalflagge an den Fahnenmasten vor dem Rathaus eingeholt und zwei Friedensfahnen gehisst.
 
Frieden steht in Großbuchstaben auf der einen, Zusammenhalt auf der anderen und jeweils darunter oder darüber sind die Werte zu lesen, die Sie auch auf Ihrer Einladungskarte gefunden haben.
 
Menschenwürde. Freiheit. Menschlichkeit. Gerechtigkeit. Respekt.
 
Wir haben diese Friedensfahnen für unsere Stadt so gestaltet, weil wir in Kehl uns hinter diesen Werten versammeln müssen.
 
Ich werde einige dieser Begriffe als Leitschnur für meine Rede nutzen, um zu verdeutlichen, dass es sich dabei nicht um leere Worthülsen handelt.
 
„Die Welt hat sich“, so formulierte es Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an Weihnachten, im hinter uns liegenden Jahr „von ihrer dunklen Seite gezeigt“.
 
Der Krieg in der Ukraine tobt unvermindert – oder angesichts der russischen Drohnenangriffe der vergangenen Wochen – sogar noch heftiger und fordert Tag für Tag das Leben vieler Unschuldiger.
Seit dem 7. Oktober sehen wir in den Nachrichten Tag für Tag fassungslos neue Bilder von Leid, Zerstörung, Hass und Gewalt. Von den Gräueltaten der Hamas und den zivilen Opfern des Krieges.
 
Ein Ende dieser todbringenden Auseinandersetzungen ist nicht in Sicht.
 
Die Nachrichten über diese beiden Brennpunkte verdrängen die Berichte über andere Konflikte auf unserer Erde, wo Menschen durch Krieg, Gewalt und brutale Ausübung von Regierungsmacht ebenfalls unermesslichem Leid ausgesetzt sind: im Iran, in Belarus, in Afghanistan, in Myanmar, in Afrika ...
 
Wir alle sehnen uns nach einer friedlicheren Welt, nur liegt es leider nicht in unserer Macht, Kriege und Gewaltexzesse in anderen Regionen dieser Welt zu beenden.
 
Aber wir haben es in der Hand, den Frieden in Kehl, in unserer Stadt zu bewahren.
 
Wie das gelingen könnte, hat der Journalist, Publizist und Philosoph Alexander Grau treffend formuliert:
 
„In einer Welt des populistischen Pessimismus ist entschiedene Hoffnung notwendiger Widerstand.“
 
Die christliche Weihnachtsbotschaft fasst es in drei Worten so zusammen: „Fürchtet euch nicht.“
 
Ich wünsche mir für uns in Kehl, dass wir dem Schwarzsehen, dem Jammern und Klagen mutig entschiedene Hoffnung entgegensetzen.
 
Dazu haben wir in Kehl allen Grund: Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten gemeinsam und durch das Engagement zahlreicher Einzelner sehr viel erreicht.
 
Nehmen wir das derzeit so große Thema Migration:
Anfang der 1990er-Jahre haben wir in Kehl 4000 sogenannte Aussiedlerinnen und Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion aufgenommen.
4000.
 
Alt-OB Prößdorf hat sie – als die Städtische Wohnbau die ehemaligen Wohnungen der französischen Offiziere erwerben konnte – weitgehend in der Kreuzmatt untergebracht und die Kreuzmatt damit innerhalb von wenigen Wochen zum Stadtteil mit der höchsten Siedlungsdichte gemacht.
 
Daran hatte sich noch nichts geändert, als Kehl Mitte der 1990er-Jahre, bedingt vor allem durch den Jugoslawien-Krieg, in der Großherzog-Friedrich-Kaserne 650 Geflüchtete – zusätzlich – aufgenommen wurden.
 
Kehl hat das verkraftet
 
2014 lebten 74 Geflüchtete in Kehl – Ende 2015 waren es 400.
 
Wieder bedeuteten Unterbringung und Begleitung der Neuankömmlinge eine Anstrengung, eine Herausforderung. Aber Kehl hat sie verkraftet.
 
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind wir erneut damit konfrontiert, dass Menschen in großer Zahl zu uns fliehen – zusätzlich zu denen, die hauptsächlich aus Syrien und Afghanistan kommen und bei uns Schutz suchen.
Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, dass wir diese Geflüchteten menschenwürdig unterbringen. Darauf haben wir in Kehl schon seit der Amtszeit von Detlev Prößdorf immer großen Wert gelegt.
 
Wir setzen auf eine dezentrale Unterbringung, weil eine Verteilung der Neuankömmlinge auf die gesamte Stadt, auf mehrere Nachbarschaften, auf möglichst viele Kindertageseinrichtungen und Schulen, Integration leichter gelingen lässt, denn wir wissen: Integration ist keine leichte Aufgabe.
 
Ein Großteil der Menschen, die von 2015 bis 2017 zu uns gekommen sind, hat sich bei uns integriert, unsere Sprache gelernt und Arbeit gefunden. Ein Teil hat die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt und die Einbürgerungsurkunde feierlich überreicht bekommen.
 
Vor allem die Kinder, also die zweite Generation, geht ihren Weg: in der Schule, in der Berufsausbildung, im Studium, in Vereinen.
 
Es sind Klassenbeste darunter, Studierende der Medizin, angehende Ingenieure. Aber auch Bäcker, Busfahrer, Lageristen oder Fachkräfte für metallverarbeitende Betriebe, Pflegefachkräfte, Ärztinnen und Ärzte.
 
Herr Berger hat beim Informationsabend zur geplanten Unterkunft in Kork von zahlreichen positiven Lebensgeschichten berichtet.
 
Man müsse sich entscheiden, sagt der schon erwähnte Publizist Alexander Grau, auf welcher Seite man stehe:
 
auf der des Problems oder auf der der Lösung, auf der des Zweifels oder auf der des Mutes, auf der der Angst oder auf der der Zuversicht.
Wir in Kehl haben uns für die Seite der Lösung entschieden: Der Gemeinderat hat beschlossen, dass wir zwei feste Flüchtlingsunterkünfte bauen werden – eine in Schneeflären und eine in Kork.
 
Der Gemeinderat hat sich entschieden, auf der Seite des Mutes zu stehen – obwohl es klar war, dass dieser Beschluss nicht von allen Kehlerinnen und Kehlern gutgeheißen wird, dass es Ängste und Sorgen gibt.
 
Und ich kann uns nur alle ermuntern, dass wir uns nicht für die Seite der Angst, sondern für die der „aufgeklärten Zuversicht mit hartnäckigem Optimismus“ entscheiden, wie es Alexander Grau formuliert: Dann nämlich können wir mit den Neuankömmlingen in Kontakt treten, einander kennen lernen und den Dialog auch dann suchen, wenn uns etwas stört.
 
Ist das Sozialromantik?
 
Mitnichten: Wir haben beim Bürgerfest im Mai Erich Jais mit der Bürgermedaille ausgezeichnet, der die Flüchtlingshilfe Kehl gegründet hat und ebenso wie Herr Berger viele positiven Geschichten kennt.
 
Wir werden mit Alban Meier nachher einen Mann mit der Bürgermedaille ehren, der schon Ende der 1960er-/Anfang der 1970er-Jahre als Integrationsmanager in Kehl gewirkt hat – obwohl damals noch niemand dieses Wort kannte.
 
Ich kann Sie nur ermuntern: Probieren Sie es aus, nehmen Sie Kontakt auf, sprechen Sie mit den Menschen und vieles lässt sich regeln, bevor es zum Problem werden kann.
 
Wir werden nachher auch Friedrich Peter auszeichnen, der mit seinen Beiträgen zur Erinnerungsarbeit deutlich gemacht hat, wie sich Ausgrenzung einerseits und Versöhnung andererseits auswirken.
Diese wichtige Arbeit war nur möglich, weil Friedrich Peter über viele Jahre hinweg ehemalige Kehlerinnen und Kehler jüdischen Glaubens gesucht, aufgespürt und Kontakt aufgenommen hat. Das war zweifelsohne jedes Mal aufs Neue ein mutiger Schritt.
 
Miteinander in den Dialog zu treten, funktioniert nur, wenn wir bereit sind, andere Meinungen zu respektieren. Das bedeutet nicht, alles gutzuheißen, aber – ich zitiere Dr. Wolfgang Schäuble – „die Meinung des andern auch dann gelten zu lassen, wenn man sie nicht teilt.“
 
Respektvoller Umfang führt im Privaten wie im Gesellschaftlichen dazu, dass wir unsere Ansichten meist nicht zu 100 Prozent umsetzen können, sondern Kompromisse eingehen müssen.
 
„Der Kompromiss ist die Kardinaltugend der Demokratie“, hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seiner Trauerrede Wolfgang Schäuble zitiert.
 
Und der Kompromiss macht die Demokratie bisweilen zu einer Zumutung.
 
Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten gut gelebt und kannten nur eine Entwicklungsrichtung: nach oben. Darin richtet man sich gerne ein und verlernt leicht, mit Zumutungen umzugehen.
 
Die multiplen und sich überlagernden Krisen sind eine große Zumutung – sie versetzen die Welt in Dauerstress und mit ihr auch uns.
 
Die Gereiztheit wächst und schlägt in den sozialen Netzwerken bisweilen in Hysterie um: Kaum noch ein Problemchen, das nicht aufgeblasen, kaum ein Thema, das nicht skandalisiert wird.
 
„Massenmedial geprägte Demokratien können Sachfragen kaum anders kommunizieren als im Modus der Erregung und Empörung“, beschreibt Alexander Grau dieses Phänomen.
 
Und weiter: „Emotionale Debatten entlasten vom Nachdenken, deswegen sind sie so erfolgreich.“
 
Der Zukunftsforscher Mathias Horx fasst es in seinem Aufsatz zur Omnikrise mit dem Begriff Enttäuschungskrise zusammen, die dadurch entsteht, dass das, was wir für die Zukunft erwartet haben, nicht mit den Phänomenen zusammenpasst, welche die Welt für uns bereithält.
 
Es ist immer schwierig – das wissen wir alle aus eigener Erfahrung – sich von seinen Erwartungen zu verabschieden. Und doch: „So ist die menschliche Kultur immer vorangeschritten – durch schreckliche Krisen hindurch, hin zu wahrhaft Neuem und Besserem“, schreibt Mathias Horx und weiter:
 
„Die Renaissance, die Aufklärung, der Beginn des Wohlstands die Emanzipation der Gesellschaft.  Alles verlief nach dem Schema der produktiven Desillusionierung. Die Krise, die uns zeigt, dass es so nicht weitergeht, ist eine Aufforderung und Ermutigung zum Wandel. Eine Krise wird zum Wandel, wenn wir die Angst vor dem Selbstwandel überwinden. Wenn wir endlich aufhören, zu jammern und uns ständig darüber zu beschweren, was die Welt uns zumutet“.
 
Wir haben das Glück, dass es uns gut geht in Kehl.
 
Wir leben nicht nur in Frieden und Freiheit, sondern auch im Wohlstand.
 
Wir können es uns leisten, unsere Schulen mit einem Sanierungsprogramm von fast 30 Millionen Euro zu modernisieren und zu digitalisieren und gleichzeitig neue Kindertageseinrichtungen zu bauen oder bestehende zu sanieren, aus- und umzubauen.
 
Parallel dazu planen wir gerade ein neues kombiniertes Hallen- und Freibad auf dem Gelände des kaputten Kehler Freibads. Für voraussichtlich 45 Millionen Euro.
 
Und parallel dazu haben wir einen Antrag gestellt, mit dem Gebiet von der Stadthalle bis zum Hanauer Museum ins Städtebauförderungsprogramm aufgenommen zu werden.
 
Wir erhoffen uns dadurch Zuschüsse zu einem neuen dringend notwendigen Verwaltungsgebäude, in dem wir unseren Mitarbeitenden moderne Arbeitsplätze bieten können, aber auch zur Umgestaltung der Hauptstraße in diesem Bereich. Wir möchten nicht nur den Straßenraum unter den Verkehrsteilnehmern besser aufteilen, sondern zudem Flächen entsiegeln und Grünräume schaffen, um die Hitzeentwicklung im Sommer abzumildern.
 
Wir haben einen Förderrahmen von rund 14 Millionen Euro beantragt.
 
Es geht uns gut in Kehl.
 
Darüber hinaus erleben wir, dass sich wieder mehr Kehlerinnen und Kehler für das interessieren, was in ihrer Stadt passiert. Das zeigt sich daran, dass die Sitzungen des Gemeinderats von einer ganzen Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern besucht werden.
2023 hat sich eine Gruppe von Kehlerinnen und Kehlern zusammengefunden, die sich einen Ortschaftsrat für die Kernstadt mit Sundheim wünscht.
 
Gemeinderat und Verwaltung haben die Einrichtung eines Ortschaftsrats aus guten Gründen abgelehnt, die ich heute Abend nicht wiederholen möchte.
 
Das bedeutet aber nicht, dass wir negieren, was hinter der Initiative steckt: nämlich dass sich Kernstädterinnen und Kernstädter stärker für ihr Wohnumfeld engagieren und mitgestalten möchten.
 
Im Gegenteil: Wir – ich denke, ich darf hier auch für den Gemeinderat sprechen – freuen uns über diese Bestrebungen und unterstützen diese sehr gerne:
 
Die Verwaltung arbeitet gerade an einer Vorlage, in der mehrere Beteiligungsmöglichkeiten dargestellt werden, darunter auch auf Landesebene bereits erfolgreich erprobte Modelle.
 
Parteien und Gruppierungen sind derzeit dabei, die Kandidatenlisten für die Kommunalwahl aufzustellen – ich kann nur jede und jeden ermuntern, sich zu beteiligen, also sich für dieses wichtige Ehrenamt zur Wahl zu stellen.
 
Denn: Am Ende entscheidet immer der Gemeinderat. In diesem Gremium können Sie mitbestimmen, wie die Zukunft unserer Stadt aussieht.
 
Und wenn Sie nicht kandidieren wollen: Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch.
 
„Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich für die Demokratie einsetzen, sonst geht sie vor die Hunde“, hat Wolfgang Schäuble in seiner deutlichen Art gesagt.
 
Und das gilt genauso für die Europawahl. Ein Gutteil der Gesetze, die unser Leben bestimmen, werden längst nicht mehr vom Deutschen Bundestag, sondern vom EU-Parlament verabschiedet.
 
„Wir leben Europa“ steht bei uns nicht nur auf Tramzügen. Unser rheinüberschreitender Lebensraum gilt als Labor Europas – bei uns zeigt sich im Alltag schnell, ob EU-Regelungen praktikabel sind oder nicht, wir können Hürden und Hindernisse in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit benennen – und wir haben sie bei vielen Projekten überwunden.
 
Wir haben in mehr als 30 Jahren grenzüberschreitender Zusammenarbeit so viel gemeinsame Infrastruktur geschaffen, dass unser rheinüberschreitender Lebensraum nur noch als Einheit funktioniert.
 
Hätte es dafür noch eines Beweises bedurft: Die dreimonatige Grenzschließung zu Beginn der Corona-Pandemie hat es uns schmerzlich vor Augen geführt.
 
Doch wir – liebe Jeanne, liebe Pia – stehen gemeinsam auf der Seite der Zuversicht und des Mutes: Wir machen mit unverminderter Energie weiter. Wir haben eine Vereinbarung unterzeichnet, mit der wir uns dazu bekennen, dass wir noch enger zusammenwachsen wollen.
 
Im zurückliegenden Jahr ist unsere rheinübergreifende Wärmegesellschaft Calorie Kehl-Strasbourg durchgestartet.
Wir haben mit Sabine Schimetschek eine Geschäftsführerin in Vollzeit eingestellt, wir haben mit der SERS eine hochkarätige und erfahrene Entwicklungsgesellschaft an unsere Seite geholt und arbeiten mit Hochdruck an der Trassenfindung für die Wärmeleitung durch unsere beiden Häfen.
 
Im Winter 2027 soll der erste Teil der Abwärme der Badischen Stahlwerke zuerst zum Heizen von rund 7000 Haushalten in Straßburg, danach auch bei uns in der Innenstadt genutzt werden.
 
Es geht uns gut. Wir schreiten voran und gestalten unsere Zukunft.
 
Wie Frank-Walter Steinmeier möchte ich Sie auffordern: Arbeiten Sie mit, „damit besser wird, was noch nicht gut ist. Lassen Sie uns das Gemeinsame über das Trennende stellen“.
 
Wir haben allen Grund zur Hoffnung, wenn wir auf das setzen,
was allein die Zukunft möglich macht: Zusammengehörigkeit und Zusammenhalt.
 
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein gutes Jahr 2024: Lassen Sie es uns gemeinsam mutig und mit Zuversicht anpacken.
 
Vielen Dank!

Die Laudatio auf Alban Meier im Wortlaut

Lieber Herr Meier, lieber Alban,
 
wir kennen uns schon so lange, dass es mir unnatürlich schiene, jetzt zum Sie zu wechseln. Deshalb sehen Sie, liebe Gäste, es mir nach, dass ich auch bei diesem feierlichen Anlass ausnahmsweise beim Du bleibe.
 
Wer über dich, lieber Alban, sprechen darf, der hat zwei echte Probleme:
 
Das erste: Wo anfangen?
Das zweite: Wo aufhören?
 
Denn das hatten wir bislang noch nicht, dass wir einen Kehler mit der Bürgermedaille auszeichnen durften, über dessen Wirken in unserer Stadt es ein ganzes Buch gibt.
 
Kein Büchlein, sondern ein ausgewachsenes Buch mit 152 23,5 mal 23,5 Zentimeter großen Seiten, die so eng mit Buchstaben gefüllt sind, als gelte es jeden Quadratmillimeter weißer Fläche unbedingt zu vermeiden.
 
Mensch Meier – der Buchtitel – ist Programm und zwar unabhängig davon, ob man zwischen den beiden Worten einen Punkt setzt oder sie als Ausruf sieht.
 
Mensch Meier! dürfte der Bischof das eine oder andere Mal gedacht – oder vielleicht auch gesagt? – haben, wenn er mit dir zu tun hatte.
 
Denn der Meier, den wir heute Abend ehren dürfen, ist ein in vielerlei Hinsicht besonderer Mensch.
 
In dem Buch, das Hans-Jürgen Walter im Auftrag der Bürgerstiftung über dich geschrieben hat, wirst du gefragt, was Jesus wohl gesagt hätte, wenn er mit dem Thema Migration konfrontiert worden wäre.
 
„Vermutlich“, hast du geantwortet, „würde er ohne große Worte einfach handeln und Menschen ermutigen oder unterstützen, die eine Integration ermöglichen“.
 
Und damit genau das tun, was du dein Leben lang – und seit 1967 bei uns Kehl – getan hast.
 
Als Mensch Meier – ohne Ausrufezeichen – bist du ungezählten Kehlerinnen und Kehlern, Neuzugezogenen, sei es aus anderen Bundesländern, anderen Ländern, von anderen Kontinenten zur Hilfe gekommen, hast sie beim Ankommen oder beim Weiterkommen, meist bei beidem unterstützt.
 
Ohne große Worte, ohne Aufhebens um deine Person zu machen, hast du einfach gehandelt – gemacht, wie wir heute sagen.
 
Du hast immer hin- und nicht weggeschaut, du hast aktiv zugehört – so sagt man es heute – und dann hast du das getan, was nötig war: oft geholfen und noch öfter vermittelt.
 
Als Alban Meier 1967 nach Kehl kommt, wird er Pfarrer einer neuen Kirchengemeinde in einem sich gerade erst bildenden Stadtteil im Niedereichwinkel. Wohnblocks und Mehrfamilienhäuser werden gebaut; viele, die sich hier ansiedeln, werden als Arbeitskräfte vor allem im Hafen in Großbetrieben wie dem Stahlwerk oder bei Danzer dringend gebraucht.
 
Alban Meier findet hier eine Aufgabe, die ihm auf den Leib geschrieben ist: Er vermittelt zwischen Neuankömmlingen und Alteingesessenen, zwischen Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft und Nationalität. Die Gemeinde Sankt Maria wird für sie zur Anlaufstelle, zu einer Art Heimathafen.
 
Der junge Pfarrer ist für sie der Fels in der Brandung, einer, der weiß, wo es lang geht; ein Lotse in der neuen noch fremden Heimat, der eine fast selbstverständliche Integrationskraft entfaltet – sozusagen der erste Integrationsmanager in unserer Stadt.
 
Er integriert Laien in die Gemeindearbeit in Sankt Maria, greift ihre Ideen auf, ermutigt sie, ganz im Geiste des zweiten Vatikanischen Konzils zu mündigen Christen zu werden.
 
Er begründet eine Gemeinschaft, die – obwohl damals noch nicht viel von Ökumene die Rede war – auch auf Angehörige evangelischen Glaubens oder anderer Religionen Anziehungskraft ausübt. Selbst Menschen, die sonst nichts mit Kirche anfangen können, bringen dem Pfarrer von Sankt Maria Sympathie entgegen.
 
Schon lange bevor die Passerelle des deux Rives gebaut wird und mit der Trambrücke ein weiterer Brückenschlag über den Rhein gelingt, baut Alban Meier Brücken. Er ist die treibende Kraft für die Ökumene in Kehl – und rheinübergreifend sowieso.
 
Unvergessen – und stets bestens besucht – sind in Kehl die ökumenischen Gottesdienste von Alban Meier und Uli Henze: Viele Jahre gestalten sie diese gemeinsam bei der Eröffnung des Messdis, vor dem Fastnachtsumzug, bei den Rheinfesten oder bei der Gartenschau.
 
Doch Alban Meier ist das nicht genug: Er sucht Kontakt zu Christen in Straßburg und festigt diese zunächst zarten Verbindungen. In seiner unprätentiösen Art wird der Macher Alban Meier – wieder fast selbstverständlich und ohne große Worte – zuerst zum Mitbegründer und dann zum Förderer der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.
 
Alban Meier handelt und macht, er ist mutig, er schert sich nicht um Konventionen und lässt sich nicht von einem als richtig erkannten Weg abbringen, nur weil dieser scheinbar Mächtigen nicht passt.
 
Obwohl eine kirchliche Beteiligung an der grenzüberschreitenden Gartenschau 2004 von der damaligen Straßburger Stadtregierung nicht gewollt ist, gibt es während der 171 Öffnungstage die ökumenische und grenzüberschreitende Arche – am Kehler Ufer eben. Zahlreiche Veranstaltungen finden dort statt, auch – mindestens – eine Hochzeit.
Nur ein Beispiel von vielen.
 
Alban Meier nimmt menschliches Leid und tiefe soziale Not wahr und handelt und macht: als Pfarrer, als Mensch. Er gründet den Verein Huckepack mit und leitet ihn über Jahre. Huckepack fördert sozial benachteiligte Kinder und trägt zu ihrer Integration bei. Ohne viele Worte hilft Huckepack im Stillen Kindern, deren Familien durch die Maschen des Sozialstaats gefallen sind.
 
Huckepack sorgt dafür, dass Kinder am Mittagstisch in ihrer Schule teilnehmen können, bei denen es zu Hause nie eine warme Mahlzeit gibt, in manchen Fällen nicht einmal einen Esstisch, an dem sie diese einnehmen könnten. Huckepack kümmert sich um ein Grundschulkind, das zu Hause oft tagelang allein zurechtkommen muss, weil die Mutter als Prostituierte arbeitet. Nur wenige Beispiele von vielen.
 
Dem Menschen Alban Meier ist nichts Menschliches fremd.
 
Er ist Mitbegründer der kirchlichen Sozialstation Kehl-Hanauerland und war 20 Jahre im Vorstand. Alban Meier ist Initiator des integrativen Kindergartens Sankt Raphael und war viele Jahre lang aktiv in der Bürgerinitiative Umweltschutz und – wie könnte es anders sein – Stiftungsrat der ersten Stunde in der Bürgerstiftung Kehl.
 
Ich habe Alban Meier nie über die drohende Spaltung der Gesellschaft sprechen hören. Und auch nicht über eine vermeintliche Krise im Zusammenhang mit Flüchtlingen, die in unsere Stadt kamen.
 
Unabhängig von Religion und Herkunft – Alban Meier sah und sieht Menschen.
 
Er hat einfach gemacht: zugehört, unterstützt, geholfen, den Dialog aufgenommen, Vorurteile durch Begegnung abgebaut. Wo keine Gräben aufreißen, braucht man keine zuzuschütten. Wo Feindschaft gar nicht erst entsteht, kann die Kraft, die zur Versöhnung notwendig wäre, weit sinnvoller eingesetzt werden.
 
Du, lieber Alban, hast die Kehler Nachkriegsgeschichte mitgeschrieben und das soziale Gewissen in unserer Stadt nachhaltig geprägt.
 
Oder wie es Uli Henze in seiner gereimten Laudatio zu deinem goldenen Priesterjubiläum ausgedrückt hat: „Und Alban bitte glaub uns sell: Du bist ein gutes Stück von Kehl.“
 
Mensch Meier! sagen wir heute Abend voller Hochachtung vor deiner Lebensleistung.
 
Ich darf dir nun die Bürgermedaille in Gold der Stadt Kehl überreichen.

Die Laudatio auf Friedrich Peter im Wortlaut

Sehr geehrter, lieber Herr Peter,
es fällt mir leicht, den Bogen von Alban Meier zu Ihnen zu schlagen: Alban Meier war der Pax-Christi-Beauftragte für die Ortenau und teilte als solcher auch Ihr Anliegen: Das dunkelste Kapitel in der Geschichte unserer Stadt aufzuarbeiten und in die Köpfe und Herzen der Menschen zu bringen.
 

Und zwar ganz unabhängig davon, wie viele Stimmen es gab, die dazu aufriefen, das Thema endlich ruhen zu lassen.
 

Lieber Herr Peter,
angeregt durch Pfarrer Filsinger, Religionslehrer an der Tulla-Realschule, widmen Sie sich bereits seit Ende der 1970er-Jahre der Aufgabe, die jüdische Geschichte unserer Stadt nicht nur aufzuspüren und aufzuarbeiten, sondern als Geschichtslehrer an der Tulla-Realschule auch an Generationen von Schülerinnen und Schülern weiterzugeben.
 
Sie haben sich mit Schülerinnen und Schülern auf Spurensuche gemacht und das zu einer Zeit – wir vergessen das heute sehr leicht –, in der es noch kein Internet gab. Mit den Informationen, die Sie in Archiven fanden, die Sie von Kehler Zeitzeugen bekamen oder die Sie über Ihre Briefwechsel mit ehemaligen jüdischen Kehlerinnen und Kehlern erhielten, füllten Sie zahlreiche auf einer Schreibmaschine getippte Seiten. In Schulprojekten stellten Sie nicht nur Ausstellungstafeln, sondern auch detaillierte Broschüren über die NS-Zeit und die jüdische Geschichte Kehls zusammen, die noch heute für die Bearbeitung dieses Themas zur Hand genommen werden.
 
Sie haben keinen Aufwand gescheut, in der ganzen Welt nach Menschen jüdischen Glaubens mit Wurzeln in Kehl zu suchen, denen die Flucht aus Nazi-Deutschland gelungen war oder welche die schrecklichen Torturen in Konzentrationslagern überlebt hatten. Dazu zählten Fritz Wertheimer und Nicolas Rosenthal aus Buenos Aires und Harry Bruchsaler aus Israel, der im vergangenen Jahr seinen 100. Geburtstag feiern durfte.
 
Ihnen vor allem ist es zu verdanken, dass die Stadt mehrfach Überlebende des Holocaust – oder ihre Nachkommen – einladen konnte.
 
Und so war es auch Ihr Adressverzeichnis, das es meinem Vor-Vorgänger Dr. Günther Petry möglich machte, noch rechtzeitig die Einladungen zu einem Zusammentreffen im Jahr 2001 zu verschicken – rechtzeitig in dem Sinne, dass noch einige der ehemaligen jüdischen Mitbürger aus Kehl und Bodersweier die lange Reise antreten konnten.
 
Natürlich war für die 16 zumeist schon betagten jüdischen Gäste nicht die Beschwerlichkeit der Reise an sich die größte Herausforderung, sondern der – zum Teil erstmalige – Besuch in der einstigen Heimatstadt mit intensiven Begegnungen. Ich weiß nicht, ob alle Gäste 2001 die ungeheure emotionale Anstrengung auf sich genommen hätten, wenn nicht auch Sie über Jahre hinweg einen intensiven persönlichen Kontakt und damit das Vertrauen aufgebaut hätten, dass sie hier in Kehl wirklich willkommen sind.
 
Die Idee, die ehemaligen Kehlerinnen und Kehler jüdischen Glaubens einzuladen, war beim Besuch von Harry Bruchsaler im Oktober 2000 während eines Essens mit Dr. Günther Petry entstanden. Konkret wurden die Pläne dann im November bei der Vorstellung des Buches „Hagada des 20. Jahrhunderts“ von Nicolas Rosenthal, dem ehemaligen Kehler Arztsohn, herausgegeben vom Historischen Verein Kehl. Dieses Buch enthält auch den Beitrag „Das Schicksal der Juden Kehls und des Hanauerlandes während des Dritten Reiches“ aus Ihrer Feder, lieber Herr Peter. Nachdem der Gemeinderat den Plänen zugestimmt hatte, übertrug OB Petry Ihnen federführend die Organisation des Zusammentreffens – unterstützt wurden Sie von einem Lenkungskreis, den Sie rasch um sich scharten.
 
Warum erzähle ich gerade diese Geschichte so ausführlich?
 
Die intensive Begegnung mit der Vergangenheit 2001 war auch für die Kehler Gastgeber sehr aufwühlend. Sie konnten nichts von dem wieder gut machen, was geschehen war, aber sie konnten – Jüngeren wie Älteren – helfen zu verstehen.
 
Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Ereignis die Erinnerungs- und Gedenkkultur in unserer Stadt entscheidend geprägt hat – und daran haben Sie, Herr Peter, einen wichtigen Anteil.
 
Sie haben vor und nach diesem Ereignis viel Zeit investiert, um die seit Jahren bestehenden und durch das Zusammentreffen intensivierten Kontakte zu pflegen. Jedes Jahr haben Sie persönliche Briefe verfasst, die wir zusammen mit der jeweiligen Jahresschrift in die ganze Welt geschickt haben – nach Australien, nach Argentinien und natürlich nach Israel.
 
Sie haben Ihre Schriftwechsel, eine Vielzahl von Bildern und Dokumenten sorgfältig aufbewahrt und schließlich unserer Archiv- und Museumsleiterin, Frau Dr. Ute Scherb übergeben.
 
2016 haben Sie das Jugendbuch von Fritz Wertheimer, das dieser als Zehnjähriger von seinem Onkel Lazarus Mannheimer zu seiner Bar-Mizwa-Feier geschenkt bekommen hatte und das ihn auf seiner Flucht nach Argentinien begleitete, ebenfalls dem Stadtarchiv zur Verfügung gestellt. Fritz Wertheimer hat mitgeholfen, die jüdische Geschichte Kehls aufzuarbeiten – wobei Sie beide Freunde geworden sind.
 
Das erwähnte Jugendbuch steht seither nicht nur im Mittelpunkt der Archivpädagogik, sondern wird in Ausstellungen des Hanauer Museums gezeigt, um der heutigen Stadtgesellschaft nahezubringen, welch großer Verlust auch für sie die Vernichtung jüdischen Lebens für Kehl bedeutet.
 
Mit all den Dokumenten aus Ihrem persönlichen Besitz haben Sie den Grundstein für eine wertvolle Sammlung gelegt, die auch künftigen Generationen die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen in unserer Stadt ermöglichen wird. Ich zitiere Frau Dr. Scherb: Die Dokumente „ergänzen die Bestände des Stadtarchivs zur jüdischen Geschichte in hervorragender Weise“.
 
Aber auch jetzt haben Sie nicht nachgelassen in Ihrem inzwischen mehr als 40 Jahre währenden Engagement, die Vergangenheit aufzuarbeiten und sie möglichst vielen Menschen nahezubringen:
 
Sie sind aktives Mitglied des Arbeitskreises 27. Januar, der die Verlegung der Stolpersteine in unserer Stadt organisiert. 71 dieser kleinen Denkmale wurden bisher verlegt. .
 
Sie haben intensiven Kontakt zur Jüdischen Gemeinde Straßburg, insbesondere zum Verein Stolpersteine 67; seit einigen Jahren werden auch in unserer Nachbarstadt Stolpersteine verlegt. Und es hat sich – das finde ich besonders berührend – eine rheinübergreifende Gruppe gebildet, welche die Stolpersteine regelmäßig poliert, ihnen neuen Glanz verleiht, damit sie ihr Ziel erreichen können: denjenigen, denen ihre Würde und meist ihr Leben genommen wurde, wenigstens ihren Namen zurückzugeben.
 
Herr Peter, ich darf Sie zu mir bitten, um Ihnen die Bürgermedaille der Stadt Kehl zu verleihen.

Die Rede der Straßburger Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister von Kehl, Lieber Wolfram,Sehr geehrte Pia Imbs, Präsidentin der Eurométropole, Liebe Pia,Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger von Kehl,Liebe Kolleginnen und Kollegen,Liebe Vertreterinnen und Vertreter der Institutionen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der Zivilgemeinschaft,
Liebe Freundinnen und Freunde,

Zunächst einmal möchte ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, heute beim Neujahrsempfang in Kehl sprechen zu dürfen. Lieber Wolfram, es ist mir eine Freude und eine Ehre, Dir und allen Einwohner:innen von Kehl, liebe Nachbarn und Freunde, meine herzlichsten Wünsche zu übermitteln.
Ich wünsche Euch allen ein ausgezeichnetes Jahr 2024, geprägt von starker Gesundheit, Widerstandsfähigkeit und nachhaltigen sozialen Beziehungen, von denen wir wissen, dass sie zwischen unseren beiden Rheinstädten unerlässlich sind.

Besonders möchte ich auf drei Projekte zurückblicken, die das vergangene Jahr für unsere beiden Städte geprägt haben:

Im Jahr 2023 haben wir weiterhin daran gearbeitet, durch die Eröffnung des grenzüberschreitenden Ortes KaleidosCOOP, weiter zusammenzuwachsen. Dieser außergewöhnliche Ort ist ein Ort der Kooperation und der Innovation! – Ein Ort des Engagements für eine Sozialwirtschaft.
 Er beherbergt geteilte Büros, ein Café sowie einen sozial und ökologisch engagierten Laden und organisiert zahlreiche Veranstaltungen zum Thema grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Er liegt nur wenige Schritte von hier entfernt, im grenznahen Stadtteil Port-du-Rhin.

Die Umsetzung des Projekts Calorie Kehl-Strasbourg zielt darauf ab, die Abwärme der Badischen Stahlwerke zu nutzen, um voraussichtlich Tausende Haushalte in Straßburg zu beheizen und gleichzeitig etwa 19.600 Tonnen CO2-Emissionen einzusparen.  In Zeiten der Energiekrise ist dies ein entscheidendes Projekt für den ökologischen Wandel unseres Gebiets. Dieses gemeinsame Leuchtturmprojekt wird durch die EU im Rahmen des INTERREG-Programms co-finanziert. Ich möchte an dieser Stelle meine Anerkennung für die Arbeit von Sabine SCHIMETSCHEK aussprechen, die im Mai 2023 als Geschäftsführerin der SEM Calorie Kehl-Strasbourg zu uns gestoßen ist. Die SEM hat ihren Sitz ebenfalls im Kaleidsocoop.

Zum Abschluss möchte ich auf die Feier zum 30-jährigen Bestehen der grenzüberschreitenden Kooperationsgremien zurückblicken, welche die herausragende Bedeutung betont, die Kehl für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland einnimmt. Anfang September feierten alle in Kehl ansässigen grenzüberschreitenden Kooperationsinstitutionen - das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ), das Euro-Institut, Infobest und der Eurodistrikt - ihr 20- oder 30-jähriges Bestehen und ihren Einsatz für grenzüberschreitende Bürger (Eurodistrict 20 Jahre, die anderen 30) anlässlich des Stadtfestes in Kehl am Wochenende um den 8. September 2023. Die Eröffnungsfeier war ein sehr schöner Tag in Kehl, den ich gerne in Erinnerung behalte.

Im Jahr 2024 und darüber hinaus werden unsere Bemühungen um grenzüberschreitende Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen sichtbar:

Durch den bedeutenden grenzüberschreitenden Beitrag zum Programm der UNESCO-Welt-Hauptstadt des Buches 2024, inspiriert von unserer gemeinsamen literarischen Geschichte - angefangen bei Johannes Gutenberg bis hin zur Literarischen-Typographischen-Gesellschaft von Beaumarchais in Kehl ab 1780 -, werden gemeinsame Veranstaltungen zahlreiche Aktivitäten umfassen. Dazu gehören eine zweisprachige Lesung während der Eröffnungswoche auf dem Marktplatz von Kehl sowie ein literarisches Picknick im Kehler Rosengarten im Juli. (Diese Beispiele sind nur ein kleiner Teil der vielen geplanten Veranstaltungen rund um das Thema Lesen, Literatur und Buch.)

Wir werden unseren Einsatz für eine nachhaltige europäische Mobilität fortsetzen, indem wir auf eine Intensivierung der grenzüberschreitenden Bahnverbindungen, die Harmonisierung von Tarifen und die Schaffung von transkontinentalen Nachtzugverbindungen zwischen unseren beiden Ländern drängen. Dies soll Europa auf dem Weg zur Dekarbonisierung weiter unterstützen.

Letztlich möchte ich erinnern, dass wir im Jahr 2024 das 20-jährige Jubiläum unseres Gartens der Zwei Ufer mit gemeinsamen kulturellen Veranstaltungen angehen möchten, die dieses bedeutende Jubiläum im Zentrum unserer Rheinmetropole zelebrieren werden.

In diesem neuen Jahr wünsche ich besonders, dass die grenzüberschreitende Einheit und Verständigung wie Leuchttürme in unserem Alltag erstrahlen, als Gegenpol zur Abschottung und dem Misstrauen gegenüber dem Anderen. Das wünsche ich von Herzen in diesem so entscheidenden Jahr für unsere europäische Schicksalsgemeinschaft: Die Europawahlen stehen bevor, aber damit leider die erneute und erstarkte Bedrohung durch Rechtsextremismus.

Das ist einer der Gründe, warum es uns gelingen muss gemeinsam eine europäische Bürgerschaft zu schaffen, um so ein vereintes und schützendes Europa anzustreben, das Allen gleiche Chancen bietet und unsere Vielfalt als unschätzbaren Reichtum würdigt. Möge dieses Wahljahr zu einem Symbol starken Engagements für ein solidarisches, inklusives Europa werden.

Wir haben das immense Glück, auf unserer Ebene die Gestalter eines solchen Traumes von einem konkreten Europa zu sein, das Ideen vorantreibt und experimentiert, und in dem bei jedem Kooperationsprojekt, jedem Schritt und jeder Straßenbahnfahrt Grenzen verschwimmen. Als Oberbürgermeisterin der Europäischen Hauptstadt und Präsidentin des Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau können Sie auf meine Unterstützung zählen, um diese gemeinsamen Werte zu fördern.

Gemeinsam sind wir entschlossener denn je, diesen Weg des Friedens, der Zusammenarbeit und der Solidarität weiterzugehen! Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit und Euer grenzüberschreitenden Engagement und wünsche Ihnen die besten Wünsche für das Jahr 2024. Es lebe Europa, es lebe die deutsch-französische Freundschaft.

Die Rede der Präsidentin der Eurométropole de Strasbourg Pia Imbs im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister von Kehl, Lieber Wolfram,
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, Liebe Jeanne,
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger von Kehl,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebe Vertreterinnen und Vertreter der grenzüberschreitenden Institutionen und der Zivilgesellschaft,
Liebe Freundinnen und Freunde,

Als erstes möchte ich mich als Präsidentin der Eurometropole Straßburg ganz herzlich für die Einladung zum Neujahrsempfang der Stadt Kehl bedanken. Lieber Wolfram, liebe Jeanne, vielen Dank dafür, dass wir heute hier in Kehl als Team gemeinsam unsere Neujahrswünsche austauschen dürfen. Diese Geste ist von großer Bedeutung und verdeutlicht die starke Verbindung zwischen unseren Gemeinden, dies- und jenseits des Rheins.

Diese enge Bindung und unser lebendiger, kontinuierlicher Austausch spiegeln sich auch in unserem gemeinsamen Engagement, als eine grenzüberschreitende Metropolregion zusammenzuwachsen, wider.

Das vergangene Jahr war äußerst ereignisreich und es ist lohnenswert, gemeinsam einige der Meilensteine Revue passieren zu lassen:

Die in Kehl ansässigen grenzüberschreitenden Institutionen wie das Euro-Institut, das Europäische Verbraucherzentrum und Infobest Kehl - Strasbourg, feierten nicht nur ihr 30-jähriges Bestehen im Jahr 2023, sondern erweiterten auch ihre Dienstleistungen für unsere grenzüberschreitenden Bürgerinnen und Bürger. Dies wurde durch die Unterstützung der europäischen Interreg Oberrhein-Förderung sowie der engagierten Hilfe unserer Gebietskörperschaften - der Eurométropole, der Stadt Straßburg und der Stadt Kehl, ermöglicht.

Im ersten Halbjahr 2023 eröffnete die deutsch-französische Kontaktstelle für Justizfragen in der Grenzregion des Europäischen Verbraucherzentrums ihre Türen in Kehl. Diese Anlaufstelle bietet Informationen, Hilfe und Beratung, um den Zugang zum Rechtssystem bei grenzüberschreitenden Rechtsproblemen zu erleichtern.

Das Projekt „Servicezentrum Oberrhein“, auch bekannt als Infobest 4.0, wurde im Jahr 2023 realisiert. Dadurch können nun die Bewohnerinnen und Bewohner unserer Metropolregion, dies- und jenseits des Rheins, von einer verbesserten, zuverlässigen und zweisprachigen Unterstützung bei ihren Behördengängen profitieren. Insbesondere die Einrichtung eines digitalen Beratungsdienstes für Online-Angelegenheiten verspricht eine spürbare Erleichterung für uns alle.
 

Unsere grenzüberschreitende Metropolregion dient schon heute als ein europäisches Laboratorium, in dem wir hier gemeinsam innovative Projekte entwickeln und erproben können, die von großer Bedeutung für uns alle in einem enger zusammenwachsenden Europa sind.

Seit 2017 verbindet nun schon die grenzüberschreitende Straßenbahn unsere beiden Gebietskörperschaften und ermöglicht unseren Einwohnerinnen und Einwohnern eine einfache und schnelle Fortbewegung im gesamten Netzgebiet. Es ist nicht einfach nur eine Straßenbahn: Es ist unsere Lebensader, die Freunde und Familie zusammenbringt.

Trotz vorübergehender Einstellung des Betriebs aufgrund der Pandemie, nutzen heute weit mehr Menschen die Straßenbahn als zuvor angenommen: Unter der Woche machen täglich 5.000 Fahrgäste von der grenzüberschreitenden Straßenbahn Gebrauch und am Wochenende sind es sogar 9.000 Fahrgäste.

Im Jahr 2023 wurde die grenzüberschreitende Straßenbahn im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche und anlässlich des 60-jährigen Jubiläums des Élysée-Vertrags Schauplatz eines außergewöhnlichen Ereignisses: Zweierpasch, die deutsch-französische Hip-Hop-Gruppe, gab ein Konzert in der Tram D. Diese Premiere war ein wunderbares Symbol für die kulturelle Annäherung und unsere Verbundenheit mit der grenzüberschreitenden Straßenbahn.

All diese Projekte wären ohne das Engagement der Vertreterinnen und Vertreter dieser grenzüberschreitenden Institutionen sowie ohne die Beteiligung und Unterstützung unserer Bürgerinnen und Bürger nicht möglich gewesen.

Ich bedanke mich erneut für die Einladung und äußere den besonderen Wunsch, dass die Zusammenarbeit zwischen der Eurométropole Straßburg und Kehl auch im Jahr 2024 weiter vertieft werden kann.

Ich wünsche euch allen ein frohes Neues Jahr 2024: vor allem Gesundheit und die Kraft, die uns bevorstehenden Aufgaben anzugehen.